Eine „Riesenkoalition“ für Unna – war das Wählerwille?

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Symbolbild, Archiv RB

Drei gleich große Fraktionen von SPD, Grünen und CDU kamen bei der Kommunalwahl für Unna heraus. Doch:

Wollte der Souverän, der Wähler, mit seinem Votum im September tatsächlich eine rot-grün-schwarze „Riesenkoalition“ für die Kreisstadt?

Klaus Göldner, Fraktionsvorsitzender der bei der Wahl geschwächten Freien Liste Unna (FLU), zieht nach der konstituierenden Ratssitzung und dem Start des neuen Rates eine kritische erste Bilanz.

„Eine politische Bestandsaufnahme.    

                                            

Klaus Göldner, FLU. (Foto Göldner)

Die Kommunalwahl ist vorbei und es herrscht verdächtige Ruhe in den Reihen der politisch Tätigen unserer Stadt. Nun ist Ruhe ja grundsätzlich etwas Gutes. Man könnte fast den Eindruck haben, die Politik in Unna sei sich einig im Bestreben, das Beste für unsere Stadt zu finden. Doch Vorsicht! Ruhe kann auch trügerisch sein.

Zurzeit sind die politischen Kräfte, allen voran die „großen Drei“ (SPD, Grüne und CDU) dabei, ihre politische Machtposition in dieser Stadt zu manifestieren. So sucht man zunächst einmal das Beste für sich, denn in seltener Einigkeit teilt man lukrative Posten bei Treffen in intimer Runde unter sich auf. Anschließende offizielle Gesprächsrunden unter Beteiligung aller Fraktionen sind dann nur noch reine Formsache. Der „Kuchen“ ist dann bereits vollständig verteilt.

Ein paar „Krümel“ werden gnädig für diejenigen kleinen Fraktionen übriggelassen, die sich gegenüber den Großen ehrfürchtig verhalten haben oder die auf demokratische Weise nicht ausgegrenzt werden konnten. Wohl bemerkt, Absprachen sind nach Wahlen durchaus üblich und grundsätzlich nicht zu beanstanden. Aber ich denke, die Unnaer Wählerschaft hat nicht den politischen Einheitsbrei einer alles dominierenden  „Riesenkoalition“ gewollt.

Zu unterschiedlich sind doch die Programmaussagen der SPD, Grünen und CDU. Wie müssen sich Wählerinnen und Wähler einer Partei fühlen, die diese aufgrund deren Programmatik gewählt haben? Was empfinden Wählerinnen und Wähler der „Freien Wähler“, die diese zwar mit ihren Stimmen in den Rat gewählt haben, wenige Tage nach der Wahl aber bereits den bedingungslosen Zusammenschluss ihrer Partei mit der CDU zur Kenntnis nehmen mussten? Wie fühlen sich Teile des Vereins „Wir für Unna“, deren Kandidat Tetzner bereits Monate vor der Wahl im Ausland abtauchte, sich in Abwesenheit wählen ließ und sein für WfU erhaltenes Mandat unmittelbar nach der Wahl „meistbietend“ anderen politischen Mitbewerbern anbot?

Gleichwohl, die „Riesenkoalition“ verfügt jetzt über 40 der insgesamt 49 Stimmen im neuen Rat (inklusive Bürgermeisterstimme). So lässt sich’s doch vortrefflich regieren, oder? Der politische Alltag wird zeigen, wie weit diese neue Einigkeit der genannten Parteien tatsächlich trägt und wie vergänglich frühere Aussagen führender Parteigänger nunmehr geworden sind.

Bevor aber die politische Arbeit für Unna beginnen kann, sind zunächst einmal die politischen Pfründe für die nächsten Jahre zu sichern. Die sich zurzeit turmhoch aufbäumenden Probleme der Stadt und ihrer Einwohner sind bis dahin eher zweitrangig.

Allein die finanziellen Rahmenbedingungen für unsere Stadt sind bereits jetzt besorgniserregend. Anhaltende Pandemiebeschränkungen, eine zu befürchtende Pleitewelle bei Auslaufen staatlicher Hilfen und dramatisch wegbrechende Einnahmen, sind neben zunehmenden gesellschaftlichen Problemen und ökologischen Umstrukturierungen, die größten Herausforderungen für Rat und Verwaltung in den kommenden Jahren.

Dennoch war nach der Wahl erst einmal wichtig, als neue Position einen weiteren Stellvertreter für den Bürgermeister ins Amt zu bringen. Dieser neu geschaffene Posten, der arbeitsökonomisch völlig überflüssig ist, löst keines der angesprochenen Probleme auch nur ansatzweise. Es konnte aber wohl nicht sein, dass die CDU als nunmehr „nur“ noch drittstärkste Kraft, die früher grundsätzlich einen stellvertretenden Bürgermeister gestellt hatte, diesmal ohne einen Stellvertreter auskommen sollte.

Dabei stört es natürlich auch nicht, dass ein und dieselbe Person, eine Vielzahl von Ämtern auf sich vereinigt. Der Vorsitzende der CDU führt nicht nur die Partei in der Kreisstadt. Er bekleidet gleichzeitig ein Kreistagsmandat, sitzt dort in mehreren Ausschüssen und verschiedenen Aufsichtsräten, ist Mitglied des Stadtrates und überdies jetzt noch stellvertretender Bürgermeister.

Möglicherweise kommen in der momentan laufenden Besetzungsrunde noch weitere Mitgliedschaften in externen Gremien der Stadt Unna hinzu, weshalb diese Aufzählung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Muss das sein? Diese Fragen werden sich auch die Mitglieder innerhalb der Partei stellen.

Doppelmandate und die gleichzeitige „Unterbringung“ von Eheleuten auf vorderen Listenplätzen der Reserveliste, waren bei der CDU Unna noch vor wenigen Jahren aus gutem Grund nahezu undenkbar und sind auch heute noch bei keiner anderen Partei vorgekommen.

Aufgrund dieser Ausführungen wird mir jetzt ganz sicher aus manchen Richtungen der Vorwurf gemacht werden, eine Neiddebatte führen zu wollen. Das werde ich aushalten müssen und können. Mir ist vielmehr wichtig, dass bestimmte Zusammenhänge einmal einfach und verständlich offengelegt werden.

Das alles hätte der Wähler/die Wählerin bei der Kommunalwahl beeinflussen können. Das Ergebnis ist bekannt. Allen Kleinfraktionen kommt in der anstehenden Wahlperiode allenfalls eine Statistenrolle zu. Dabei ist es im bestehenden Machtgefüge Unnas eher unerheblich, ob diese zwei, drei, oder sogar vier Mitglieder hat.

Selbst wenn eine der drei „Großen“ aus der Riesenkoalition ausscherte, gelänge es ihr zusammen mit sämtlichen Stimmen aller kleinen Fraktionen nicht, die beiden anderen Großfraktionen zu überstimmen. Die Bürgerschaft mag selbst beurteilen, ob eine solche Machtkonstellation vorteilhaft ist, oder eher Arroganz und Überheblichkeit fördert.

Aufgrund ihres relativ geringen Stimmenanteils bei der Kommunalwahl, stehen den kleinen Fraktionen natürlich auch nur wenige Sitze in den externen Gremien des Konzerns Stadt Unna zu. Externe Gremien sind zum Beispiel Aufsichtsräte städtischer Beteiligungsgesellschaften, Gesellschafterversammlungen und Verwaltungsräte, zum Beispiel bei der Sparkasse.

Auch hier sind sich die „Großen“ nicht zu schade dafür, die ohnehin schon eng begrenzten Mitgestaltungsmöglichkeiten nicht genehmer Kleinfraktionen, durch die rechtlich zulässige Bildung von Listenverbindungen bei der Sitzvergabe weiter zu beschneiden. Dass derartige Machtdemonstrationen gegenüber kleineren Mitbewerbern nicht gerade zur Klimaverbesserung im politischen Alltag führen werden, dürfte dabei nicht verwundern.

Trotz dieser Erfahrungen wird die Freie Liste Unna (FLU) auch zukünftig immer wieder öffentlich eine Gegenposition beziehen, wenn sie dies für geboten hält.

Klaus Göldner“

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