Sieben Zitate für sieben Bürgermeisterkandidat/innen – was sagen Sie dazu, Herr/Frau Kandidat/in?
Das war unser Anliegen, mit dem wir uns mit Blick auf die nahende Kommunalwahl an die drei Frauen und (damals noch) vier Männer wandten, die sich am 13. September um das höchste Unnaer Verwaltungsamt beim Wähler bewerben:
Frank Ellerkmann (FDP), Claudia Keuchel (B90/Die Grünen), Ingrid Kroll (Wir für Unna – WfU), Frank Murmann (Freie Liste Unna – FLU), Kaja Schuon (SPD), Dirk Wigant (CDU), Jens-Ole Wilberg (parteilos). (Alphabetische Reihenfolge)
Kurzfristig kam als achter Bewerber noch der parteilose Achim Megger dazu, ihm haben wir die Zitate noch nachträglich zugesandt und werden sie bei Beantwortung natürlich ebenfalls hier veröffentlichen.
Bei den Zitaten handelte es sich um Aussagen aus zurückliegenden Ausschuss- bzw. Stadtratssitzungen. Wir baten alle Bewerber/innen um folgende Antworten dazu:
a) Wie ist Ihre persönliche Meinung zu dieser Aussage? Wie würden Sie sich als Bürgermeisterin dazu positionieren?
b) Von wem, schätzen Sie (oder wissen Sie), stammt dieses Zitat?
Wir danken allen Kandidatinnen und Kandidaten herzlich fürs Mitmachen und werden die Antworten in den nächsten 7 bzw. 8 Tagen hier veröffentlichen. Im Anschluss fassen wir alle Berichte in einem Überblick zusammen.
2 – Claudia Keuchel, Bündnis 90/Die Grünen
- „Wir müssen den Individualverkehr aus der Innenstadt heraus bekommen… – Parkplätze für Schüler? Das kann doch nicht wahr sein!“
Der Urheber des Zitats lässt sich durch einen Blick in den Rundblick schnell ermitteln: Es handelt sich um Karl Dittrich, stellv. Vorsitzender unserer Fraktion im Rat, in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 7. Juni 2018 im Haupt- und Finanzausschuss.
Gerade unsere Schulen verfügen über eine ausgezeichnete Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Dass im Zuge der Errichtung des Bildungscampus Unna 210 Parkplätze errichtet werden sollten, hielten wir schlicht für übertrieben. Statt kostenfreier Parkplätze, für die viel Fläche vorgehalten werden muss, wollen wir Alternativangebote attraktiver machen. Etwa Radverkehr über gesponserte Jobbikes oder Bus- und Bahnnutzung über vergünstigte Jobtickets: Das entlastet die Innenstadt, nutzt den Beschäftigten und auch dem Betrieb… Für die Beamten und Angestellten im Rathaus werden übrigens auch keine reservierten kostenfreien Parkplätze vorgehalten. Eigentlich wird doch für niemanden, der/die in der Stadt arbeitet ein kostenfreier Parkplatz vorgehalten. Gleiches Recht (und Pflicht) für alle.
- Bei der Eishalle ist aus „ökologischen Gründen ein Fortbestand nicht vorstellbar“.
https://www.rundblick-unna.de/2018/12/06/eishallen-abgesang-der-gruenen-foerdervereins-initiative-kontert-alle-argumente/
Zu allererst: die Ausführung von Bürgerentscheiden ist uns ein urgrünes Anliegen, sogar auch dann, wenn der Ausgang anders ist, als vom Rat der Stadt beschlossen. Wir möchten das Angebot um weiteren Indoorsport wie z.B. Bouldern, Parkour oder moderne Bewegungskunst wie Tricking und Streetartistik ergänzen. Wenn die Stadt Unna schon so viel Geld in die Hand nehmen muss, um die Halle zu sanieren, sollten auch möglichst viele (junge) Menschen im Stadtteil und darüber hinaus dort ein sportliches Angebot finden. … Wir haben, das weiß ich als aktive Fußballerin, ein breites Vereins- und Sportangebot, das nicht eingeschränkt werden darf. Und ich trete dafür ein, dass Unnas Jugend Kulturangebote, Räume zur Entfaltung und Treffpunkte hat – auch in den Stadtteilen. Was genau junge Menschen wollen, frage ich sie gerne auch selbst. .
- „Die Stadt Unna gönnt sich zu viel. … zu viele Sportplätze, zu viel Kultur, zu viele Schulen.“
– Es stammt von der Gemeindeprüfungsanstalt.
Pauschalaussagen … helfen nicht weiter. Wir werden sicherlich über Budgetverteilung reden müssen – aber vor allem mit den Menschen. Es geht schließlich um unsere Lebensqualität.
Eine Stadt ist übrigens kein Unternehmen, das Gewinne abwerfen muss, sondern sie ist mit ihren Steuermitteln dem Gemeinwohl für die Bürger*innen bei guter Haushaltsführung verpflichtet. Genauso zahlen sich Freizeitangebote für Jugendliche am Ende des Tages auch wieder aus, wenn sie nicht vor lauter Langeweile auf „dumme Gedanken“ kommen.
Unna braucht Sport- auch die engagierten Sportvereine vor Ort verdienen weiter unsere Unterstützung. Und ich möchte einen Bürgerhaushalt auflegen, mit dem die Menschen selbst vor Ort entscheiden können, wofür das Geld ausgegeben wird. …Zur Finanzierung der Angebote: werden über die Verteilung von Reichtum und Armut in dieser Stadt reden müssen – das gilt zum Bespiel auch für Kita-Gebühren oder einen Sozialpass, der wieder kostenfreien Zugang zu vielen öffentlichen Angeboten öffnet.
4. „Wir halten ein sechsmal so großes Kulturangebot vor, wie es einer Stadt unserer Größe angemessen wäre.“
Urheber ist Günther Schmidt, FDP, im Haupt- und Finanzausschuss (Juni 2018).
Was heißt denn „ein sechsmal so großes Kulturangebot“ für „eine Stadt unserer Größe“ – Und wer bestimmt für uns, was angemessen wäre in diesem Zusammenhang? …Unna ist Kreisstadt und hat sich lange Zeit mit dem Titel Kulturstadt geschmückt. Kulturpolitik ist auch immer Stadtpolitik, sie bringt die Menschen zusammen… öffnet Horizonte und lässt uns über den Tellerrand blicken.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist, dass für ortsansässige Unternehmen, die im Wettbewerb mit anderen Standorten um Fachkräfte buhlen, das Kulturelle und Bildungsangebote wichtige Argumente sind, Bewerber*innen von Unna als künftigen Wohn- und Arbeitsort überzeugen zu können. Dieses Pfund dürfen wir nicht verspielen.
5. „Wir sind nicht bereit, bei der Kultur auch nur einen Euro zu sparen!“
Urheber sind die Grünen (https://www.rundblick-unna.de/2018/12/06/cdu-und-fdp-scheitern-an-unnas-kultur-wird-vorerst-nichts-gespart/)
Die Grünen ließen keinen Zweifel offen. „Wir sind nicht bereit, bei der Kultur auch nur einen Euro zu sparen!“
Wie gesagt: „Die Kultur“ ist mir zu pauschal. Aus meiner beruflichen Tätigkeit weiß ich, dass ein vielfältiges Kulturangebot eine Stadt und ihre Stadtteile beleben kann und wie finanzielle Mittel zu mobilisieren sind. Statt hier Qualität kaputt zu reden oder kaputt zu sparen, werde ich prüfen und prüfen lassen, was sinnvoll ist. Keine Frage: Kultur kostet, zahlt sich aber aus.
6. „Wir haben so viel geschafft!“
„Wir haben so viel geschafft!“ Mit gewisser Leidenschaft brach es aus Michael Tietze (SPD) in der letzten Ratssitzung dieses Jahres am 12. 12. heraus. (https://www.rundblick-unna.de/2019/12/15/ein-haushalt-fuer-optimisten-tietze-spd-wir-haben-so-viel-geschafft-kolter-sparen-oder-steuern-rauf/)
Unna steht wie viele andere Kommunen vor großen Herausforderungen!
Dennoch müssen wir aufhören, Unna immer nur schlecht und schlechter zu reden. … Ja, wir haben Haushaltsprobleme, wie die meisten Kommunen im Ruhrgebiet. Wir können auch nicht einfach Lasten wegsparen, die uns Bund und Land aufbürden…. Zudem muss die chronische Unterfinanzierung durch Bund und Länder endlich beendet werden.
Wir benötigen jedoch auch die Phantasie, neue Wege zu gehen. Klimaschutz und Energieeffizienz sind Erfolgsfaktoren und schaffen Arbeitsplätze. Wie Hausbesitzer*innen dabei auch noch richtig Geld sparen könnten, zeigen die Unnaer Stadtwerke. Ob wir hier bei den städtischen Immobilien gut und richtig aufgestellt sind, schaue ich mir noch ganz genau an.
Auch in der Sozial-, Bildungs- und Jugendpolitik müssen wir uns sortieren: Investition in Bildung und Unterstützung von Schwächeren verhindert Abstürze von Menschen mit teuren Folgekosten. Unna war führend in der kreativen Verhinderung von Heimunterbringungen von Kindern und Jugendlichen, weil es Wohngruppen, frühe Hilfen und Berufsvorbereitung unterstützte. Wirtschaft, Handel und Gewerbe hat die Krise teilweise hart getroffen, hier will ich die Gelder aus den Konjunkturprogrammen gezielt mit ökologischer Lenkungswirkung zukunftssicher investieren.
7. „Unna ist keine Stadt für Kinder.“
Aus für Eishalle „eiskalt durchgewunken“: „Unna ist keine Stadt für Kinder!“ – Britta van Loosen, KJCE
Diese Aussage stimmt mich sehr nachdenklich.
Für mich muss Unna eine Stadt für Kinder sein… Kinder und Jugendliche sind unsere Zukunft, sie werden in den nächsten Jahrzenten die Profis sein, wenn es um die Frage geht, wie wir weiter leben wollen. Ein afrikanisches Sprichwort sagt, es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen. Ich sage, wir brauchen die Fürsorge unserer ganzen Stadt! Nicht nur mit einer mehrfunktionalen neuen Eishalle, sondern auch mit den zahlreichen anderen Spielflächen und Spielorte, in Schulen und in den Kultureinrichtungen. Hier gibt es aber nach meiner Meinung auch noch Luft nach oben.
Wir müssen die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen ernst nehmen und uns darum kümmern.
Wenn zum Beispiel die Mountainbikestrecke im Bornekamp geschlossen werden muss, suche ich nach Lösungen, um das Angebot nicht noch zu verknappen, sondern weiter auszubauen. Aus diesem Grund haben wir schon vor einiger Zeit vorgeschlagen, eine neue Mountainbikestrecke auf dem ehemaligen Freizeitbadgelände Massen anzulegen, auf die Umsetzung warte ich noch heute…
Wichtig ist mir auch eine Neuaufteilung der öffentlichen Flächen in unserer Stadt. Kinder brauchen sichere und attraktive Fuß- und Gehwege, Spielflächen im Quartier wie auch in der City. Dafür müssen wir Frei-Raum schaffen und unsichere Verkehrssituationen entschärfen.
Ob Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Senioren, Familien oder Einzelne- eine Stadtgestaltung muss für alle gerecht und lebenswert sein!
Anm. d. Red.: Alle Zitate wurden richtig zugeordnet.