„Von der Stadt blockiert und ignoriert“ – Vom Niedergang des Kurparks, Unnas einstigem Kurbad-Kleinod

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Foto RB - die abgebrannte Tennishalle.

Mit dem erneuten schweren Brand in der Nacht zum 6. August (wir berichteten), bei dem die Tennishalle des TC Grün-Weiß zerstört wurde, hat die negative Entwicklung im Kurpark einen bitteren Tiefpunkt erreicht.

Das einstige Kleinod des Kurbades Königsborn ist aus Sicht vieler Bürger und zunehmend auch politischer Parteien zu einem Hort des Vandalismus, der Kriminalität und der Verwahrlosung verkommen.

Der Niedergang begann mit einem Paukenschlag am Gründonnerstag vor drei Jahren, dem 13. April 2017:

Nach 18 Jahren warf der Förderverein für Unnas „grüne Lunge“ der Stadt die Brocken vor die Füße und gab in einer völlig überraschenden Pressemitteilung seine Auflösung bekannt. Der Grund: kaum oder keine Unterstützung mehr durch die Stadt.

„Wir sehen keine Perspektiven mehr für eine Fortentwicklung der grünen Lunge inmitten der Hellwegstadt“, heißt es in der Pressemitteilung, die unsere Redaktion am Mittag des 13. April 2017 erhielt.

„Wir haben zunehmend feststellen müssen, dass faszinierende und zukunftsweisende Projekte wie der Bau eines Gradierwerks oder auch nur die Realisierung eines Barfußpfades von der Stadt Unna als Eigentümerin blockiert werden.

Inzwischen ist selbst der Pflegezustand des Parks wieder bedenklich, und Ersatzbeschaffungen für von Vandalismus betroffenes Inventar werden nicht vorgenommen.“

Der Vorstand sehe deshalb keine Perspektiven mehr für eine Aufwertung des Kurparks; im Gegenteil drohe das Kleinod immer mehr zu verwildern. Vor diesem Hintergrund beschloss die Mitgliederversammlung einmütig die Auflösung des Fördervereins.

Der Verein hatte sich 1999 im Zusammenhang mit der Realisierung des Travados-Festbaus gegründet, um den Kurpark voranzubringen.

„In der Tat war es zunächst auch gelungen, gemeinsam mit der Stadt Unna und Experten eines Fachbüros ein Entwicklungskonzept zu vereinbaren, das der Stadtrat auch mit breiter Mehrheit verabschiedete“, blickten die Förderer in ihrer letzten Pressemitteilung zurück.

  • So wurden Wege erneuert, ein Platz zum Verweilen wurde angelegt.
  • Die Stadtwerke erneuerten die maroden Parklampen,
  • die Parkeingänge wurden durch Lichttore stimmungsvoll inszentiert.
  • Dazu kamen Wegweiser,
  • neue Einzäunungen,
  • neue Parkbänke,
  • eine Aufwertung der Spielplätze,
  • historische Hinweistafeln
  • sowie der Bau einer Arena an der Jugendkunstschule.

„Sogar ein Buch über den Kurpark und seine Geschichte veröffentlichte der Verein“, unterstrrichen die Kurparkunterstützer.

Insgesamt habe der Verein, unterstützt von vielen Spendern, Aufwertungen im Gesamtvolumen von rund 320.000 Euro vorgenommen.

Leider sei es nicht gelungen, auch neue Akzente zu setzen:

  • Gradierwerk und Barfußpfad scheiterten,
  • ebenso wie eine Ergänzung der Bepflanzung,
  • die Wiederherstellung der alten Gräften,
  • der Aufbau einer kleinen Erinnerungsstätte an die Geschichte der Salzgewinnung in Unna,
  • die Reaktivierung des Teiches am Monopteros,
  • die Neugestaltung des Bistro-Bereiches
  • oder die Fortführung der Kastanienalleen – allesamt Maßnahmen aus dem Entwicklungskonzept.

„Weil sich zeigte, dass die Stadt an keinem weitergehenden Engagement interessiert ist und sogar wieder die Pflege vernachlässigt, sah die Mitgliederversammlung keine Basis mehr für eine Fortsetzung der Vereinsarbeit.“

Die Reaktion der Stadt auf das Aus:

Die Entscheidung des Kurpark-Fördervereins erwischte damals auch die Stadtverwaltung offenbar unvorbereitet. Sie schickte am selben Nachmittag folgende Stellungnahme:

„Wir haben die Mitteilung über die Auflösung des Fördervereins Kurpark Unna-Königsborn e.V. mit Überraschung und Bedauern zur Kenntnis genommen.

Der Förderverein hat sich in der Vergangenheit in besonderer Weise für die Belange des Kurparks engagiert. Dafür ist dem Verein und seinen Mitgliedern zu danken.

Auch wenn es bei einzelnen Themen unterschiedliche Einschätzungen und Bewertungen gab, so war doch der Einsatz für einen attraktiven und liebenswerten Kurpark das gemeinsame Ziel aller Beteiligten.

Der Erhalt und die nachhaltige Weiterentwicklung dieses wichtigen Naherholungsgebietes hat eine besondere Bedeutung und ist ein zentraler Eckpfeiler in der Gesamtentwicklung des Stadtteils Königsborn.

Dies zeigt sich auch in der hohen Priorisierung von Maßnahmen im Kurpark und dessen Umfeld im Rahmen des Integrierten Handlungskonzeptes Königsborn Süd-Ost.

Darin sind z.B. wegweisende Projekte wie die Großbaumaßnahme Potsdamer Straße oder der Bildungscampus auf dem Gelände der Anne-Frank-Realschule enthalten. Mit den gestellten Förderanträgen sollen auch im Kurpark in der Zukunft die avisierten Umgestaltungsmaßnahmen realisiert werden.

Die Einbindung der Öffentlichkeit und die aktive Beteiligung der Bürgerschaft an diesen Projekten und an der Weiterentwicklung des Kurparks ist weiterhin das Ziel der Stadt.“

So reagierten unsere Leser:

Als „Armutszeugnis für unsere Stadt“ kritisieren Unnaer Leser die Auflösung des Kurpark-Fördervereins, die auch für die Stadtverwaltung überraschend kam. Während das Rathaus den Entschluss bedauert und weiterhin auf aktive Einbeziehung der Bürger bei der Weiterentwicklung des grünen Kleinods setzt, fehlt kritischen Betrachtern derzeit eher der Glaube.

Hier (mit der Zustimmung der Diskutanten) einige Reaktionen aus Facebookgruppen. Wir haben sie anonymisiert.

„Oh Nein. Das kann doch wohl nicht sein, dass der Stadt so ein schönes Kleinod nichts wert ist, ??“, kritisiert Wiebke K.. „Und da ist alles vollgeschmiert“, ergänzte Claudia G.

Hans-Joachim B. widersprach: „In letzter Zeit ist der Kurpark doch relativ gepflegt“, meinte er beobachtet zu haben, „es wird jeden Tag an den Spielplätzen sauber gemacht und der Müll entfernt. Die Bewohner sollten aber auch Ihren Teil leisten und nicht alle so einfach wegschmeißen.“

Dass die Anwohner und Parknutzer ihren Teil zum Erhalt des großen Parks beitragen sollen, darüber herrschte grundsätzlich Einigkeit. Das änderte für die meisten Diskutierenden aber nichts am Grundproblem.

„Ganz traurig von der Stadt Unna ?“, bedauert z. B. Susanne A.. „Da werden wieder andere Dinge vorgeschoben, die für die Stadt sooooo wichtig erscheinen, dass sie eigentlich schon wieder unwichtig sind.“ – „Für die Lichtkunst, da wird Geld raus geballert“, nannte Jörg L. ein Beispiel aus seiner Sicht.

Richtig, stimmte Matthias P. zu, „is leider so, es wird immer irgendwas vorgeschoben, was für den Normalbürger nicht nachzuvollziehen ist. Wo man dann nur noch mit dem Kopf schütteln kann. Die Herren da oben sollten mal bedenken, von wem sie gewählt werden.“

„Genau! Die werden genau von denen gewählt, die ihren Müll dort entsorgen und Parkbänke zerstören“, warf Andreas B. g ein und sprach damit ein Grundproblem an, das vielen Kurparkbesuchern schon seit geraumer Zeit ins Auge stach, den zunehmenden Vandalismus.

Einige Diskutanten blickten in die Vergangenheit zurück und stellen eine besorgniserregende Entwicklung fest.

Anja B., „mit dem Park groß geworden“, zog ein kopfschüttelndes Fazit: „Ich hab´ viel Zeit in dem Park verbracht in meiner Jugend , als ich Ihn nach langer Zeit wieder sah , war ich entsetzt … Zu meiner Zeit gab es sogar noch den Parkwächter, der hat immer nach dem Rechten gesehen …. wenn manchmal auch mit Haaren auf den Zähnen … Schade, aber das ist auch einer der Gründe warum ich aus Unna fort bin. Auch der Bornekamp ist in einem schlimmen Zustand“, ergänzte sie kritisch.

So schade!, bedauerte Melanie H. „Man könnte soviel daraus machen! Ob der Kurpark mit der Saline oder etwas für unsere Kinder auch im Bornekamp. Aber für Lichtkunst oder die Treppe ins Nichts (stand am Marktplatz, wurde wieder abgebaut) – dafür sind Gelder vorhanden. Wo bitte sollen denn die Kinder spielen ? Oder die Erwachsenen schön spazieren gehen ? Oder muss man immer in Ferne . … Dafür soll sich die Stadt mal was einfallen lassen.“

Eine Saline gibt es z. B. im benachbarten Kurpark Werl, sie wird von einem Förderverein betreut.

Eine Leserin, die in Unna geboren wurde und in Unna aufwuchs, zeigte sich erschüttert darüber, wie sich die Grünflächen der Stadt entwickelt haben. „Ich bin entsetzt ?! Zu meiner Jugend Zeit war der Kurpark und der Bornekamp noch Orte, wo Kinder spielen und entdecken konnten… mein Kind schicke ich da nicht hin! Jetzt ist es eine Müllhalde und verwildert ??.“

In Unna, kritisierte sie in ihrem Rundumschlag, „herrschen die Alten und Erstarrten. Man rühmt sich mit Veranstaltungen, die seit Jahrzehnten schon existieren, selbst bekommt man nicht hin…

„Enttäuscht und wütend“ sei sie „über den Verfall unserer schönen Stadt. Aber unseren Stadtleuten ist es wichtiger, dass der 15te Handygeschäft eröffnet als unser Stadtbild zu verschönern. ? Eine Schande. Als gebürtige Unnaerin bin ich echt enttäuscht von unseren Vertretern. ?

Wie sie zogen viele Leser frustriert Bilanz: Die zunehmende Verwahrlosung der großen Erholungsflächen und jetzt nach 18 Jahren mit einem Knalleffekt die Auflösung des Kurpark-Fördervereins sei „ein Armutszeugnis für unsere Stadt“.

Fotogalerie des Kurparks / Alle Bilder von Rundblick Unna oder für RB Unna von Lesern zur Verfügung gestellt

4 KOMMENTARE

  1. Die Gesellschaft verändert sich, und das ist nicht nur im Kurpark so.
    Die hirnlosen Übeltäter, die für Müll, Schmierereien und so weiter verantwortlich sind, sollten auch so benannt werden.
    Die Vandalen waren ein Volk wie jedes andere.
    Die Übeltäter haben keine Werte mehr und ignorieren Regeln des zusammenlebens. Und Sie kommen einfach damit durch.

  2. Unsere Leserin Annemarie Kimpel schickte uns einen Kommentar via Mail zu diesem Thema, den wir mit ihrem Einverständnis hier weitergeben.

    Annemarie Kimpel schreibt:

    Hallo liebes Rundblick Team.
    Nicht nur der Kurpark ist dem Niedergang geweiht (aber warum…)
    Ist es der Vandalismus oder die knappe Kasse der Stadt (aber warum…)
    Und sollte man das Übel nicht an der Wurzel packen … und die Gründe herausfinden?

    Vielleicht liegt es daran, dass Kinder und Jugendliche in Unna keinerlei Flächen zur Entfaltung und Rückzugs finden (nehmen wir mal aus meiner Jugend ein BEO, die UNI, die BRÜCKE, eine EISSPORTHALLE…)

    Oder möchten unsere Stadtväter Unna nur IHREN Stempel aufsetzen?

  3. Solange wir Bürger die Verantwortlichen als 5′ klassige Beamte ertragen müssen, die auch den städtischen Haushalt Jahr für Jahr in die Pleite führen, bei uns Bürgen die Gebühren zur Bezahlung ihrer weit überhöhten Bezüge für Tätigkeit auf niedrigsten und unqualifizierten wie inkompetenten Niveau einzutreiben lassen wissen, bleibt uns Bürger nichts anderes übrig, als diese verantwortungslosen Beamte auf das gleiche Niveau wie unseren heruntergekommenen Kurpark zu betrachten !, also als Gradmesser für den Zustand der Stadtverwaltung insbesondere einzelner Beamter
    A. Bocian!

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