Seit nun einer Woche herrscht klirrender Frost im Land und im Kreis, noch eine weitere eisige Nacht steht bevor mit deutlich zweistelligen Minusgraden auch in Unna. Viele Leser sorgten sich in den letzten Tagen um Unnas Obdachlose, vereinzelt kam der Ruf nach einer spontanen Öffnung von Hotels für wohnungslose Menschen; so ist es zum Beginn des Kälteeinbruchs in einigen Großstädten in NRW gemacht worden.
Auf unsere Anfrage bei der Stadtverwaltung und bei der Caritas kam von beiden die Auskunft: man kümmert sich.
Für den Caritasverband mit seinen Anlaufstellen an der Hansastraße und der Kamener Straße versicherte Sprecher Jan Wandschneider: „Bei uns ist alles geöffnet. Also natürlich die Übernachtungsstelle – jetzt ja am neuen Standort an der Kamener Straße 125 – sowie die Tagesstätte und die Beratungsstelle an der Hansastraße 6.“
In der Tagesstätte gelten Corona-bedingt gewisse Einschränkungen, so Jan Wandschneider. „Trotzdem kann sich dort jeder aufwärmen, etwas essen, sich duschen oder seine Wäsche waschen.“
In der Übernachtungsstelle, die der Caritasverband wie berichtet im ehemaligen Club Mirabelle an der Kamener Straße 125 nach der Übernahme des Gebäudes neu einrichtete, übernachten laut Wandschneider derzeit 8 Männer. Insgesamt stehen dort 18 Plätze zur Verfügung.
Die Immobilie bekam der Caritasverband im Rahmen einer Schenkung. Er investierte mehrere 100.000 Euro in den Umbau des ungewöhnlichen Gebäudes, das wie die frühere Unterkunft an der Zechenstraße etwas mehr als einem Dutzend Obdachlosen über Nacht Quartier bietet.
Obdachlose Frauen, ergänzt Jan Wandschneider, finden Hilfe beim Frauenforum Kreis Unna.
Für die Stadt Unna bekräftigte Rathaussprecher Christoph Ueberfeld:
„Die Stadt Unna arbeitet schon vielen Jahren sehr eng mit der Caritas zusammen. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit stellt die Stadt eine Übernachtungsstelle (Kamener Straße) für Obdachlose zur Verfügung. Darüber hinaus halten wir mit unserem Partner, der Caritas, das Betreuungsangebot für Wohnungslose trotz Corona aufrecht.
Rückblick auf den ersten Corona-Shutdown im Frühjahr 2020
– Obdachlosenhilfe über das Foodsharing-Projekt – Leserin Melli aus Unna informiert und schildert ihre Gedanken –
- (Dieser Artikel erschien am 2. April 2020 auf Rundblick Unna)
„In den letzten Wochen hatte es ja auf der Rundblick-Facebookseite immer wieder die Nachfrage gegeben: Was passiert eigentlich mit den Obdachlosen, wo bekommen sie Lebensmittel her. Es gab von mir dann den Kommentar: Wir versorgen die Obachlosen über die gespendeten Lebensmittel vom Foodsharing. Ein Foodsharing Kollege hatte dies ja auch bereits erwähnt.
Nur allein mit dem Kommentar sind einige aber nicht wirklich zufrieden. Denn die Frage kommt immer wieder auf. Deshalb hab ich gedacht, ich schreibe euch mal ein bisschen dazu.
Wie oben erwähnt, bin ich Mitglied beim Foodsharing, und diese Lebensmittel lassen wir den Obdachlosen, aber auch den anderen zukommen, die sich an den Verteilern mit aufhalten.
Einige kommen aus der Trinkerszene, einige aus der Drogenszene. Ich meine das überhaupt nicht abwertend gegenüber den Leuten, ganz im Gegenteil.
Diese Leute sind sehr dankbar das wir regelmäßig kommen, auch Kontakt halten unter der Woche. Nicht viele besitzen ein Handy, was eine Kommunikation gerade zu Anfang nicht leicht gemacht hat. Aber wo ein Wille, da ein Weg.
Eine Person hat ein Handy und darüber wird dann mitgeteilt, wann wir da sind. Meistens kommen wir samstags, in Ausnahmefällen aber auch mehrmals die Woche. Die Freude ist immer riesengroß und die Dankbarkeit enorm.
Traurig macht es mich nur das jetzt in der Coronakrise die Leute ans Nachdenken kommen und sich fragen: „Was ist eigentlich mit den Obdachlosen, wer kümmert sich“. Wieso fällt das eigentlich immer ein, wenn es Krisen gibt?? Warum denkt man nicht auch vorher an genau diese Leute?? Sie haben auch alle Hunger und Durst, vor, während oder nach Corona. Diese Leute haben genauso das Recht auf Essen und Trinken wie alle anderen auch. Sie sind auch keine Menschen zweiter Klasse, nur weil es ihnen nicht so gut im Leben ergangen ist wie manch anderen.
Wieso geht man in der Zeit vor Corona an diesen Leuten vorbei, ohne sie eines Blickes zu würdigen, oder wenn man sie anschaut, dann von oben herab. Wer gibt einem das Recht dazu??
JEDER kann ganz schnell und völlig ohne Schuld in die selbige Situation rutschen. Mal darüber nachgedacht, wie man sich selber fühlen würde, wenn man so leben müsste? Wieso bleibt man denn nicht mal stehen und spricht die Leute einfach mal freundlich an und fragt, wo es fehlt ob man irgendwie helfen kann, oder sagt einfach nur freundlich Hallo?
Sie tun keinem was und haben auch nix Ekelhaftes an sich. Ihr sollt sie nicht umarmen oder knutschen, aber einfach mal ein bisschen mehr Mitgefühl und Menschlichkeit zeigen.
Ich finde es natürlich toll, dass man sich Gedanken über die Obdachlosen macht, gar keine Frage. ABER das hätte man wie gesagt auch schon vor Corona tun sollen.
Wir haben mit dem Lebensmittel „fairteilen“ an diese Leute schon weit vor Corona angefangen. Jeden Samstag zwischen 11 und 12 Uhr ist Ausgabe zwischen der Coen-Apotheke und der Kirche. Und wenn man sieht, was sich die Leute freuen, dann weiß man, man hat alles richtig gemacht.
Uns schlägt aber auch viel Unverständnis entgegen, und wir sind schon manches Mal angepöbelt worden deswegen. Aber genau deswegen erst Recht. Es sind nämlich genau solche Leutem die vorher mit ihren Hintern in der ersten Reihe in der Kirche gesessen haben, die von Teilen, Nächstenliebe usw gebetet haben und draußen wieder alles vergessen haben.
Aber durch solche Leute lassen wir uns nicht entmutigen oder geben auf, ganz im Gegenteil.“
Melli Gretzinger, Unna