Ein erregter Filmdreh vor Unnas 1. Ratssitzung und „so oder so im Moment keine Pläne für eine Zusammenarbeit mit der AfD“

0
42
Die Sitzordnung in der konstituierenden Ratssitzung folgte der bekannten Regel: Ganz links saßen Linke/Volt und SPD, auf der rechten Seite CDU und AfD (Bild). Wir für Unna hatte die Stadt zwischen CDU und AfD platziert, direkt dahinter stand der Pressetisch. (Foto RB)

„So oder so“ gebe es für die CDU „im Moment keine Pläne für eine Zusammenarbeit“ mit der AfD, sprach die Vorsitzende der zweitgrößten Unnaer Ratsfraktion, Beatrix Wieczorek (CDU), dem WDR-Reporter bei der konstituierenden Ratssitzung am Donnerstag (20. November) ins Mikrofon. Sebastian Laaser versicherte für die SPD, die seit der Kommnalwahl wieder größte Unnaer Ratsfraktion ist, ebenfalls sein Nein zu einer Zusammenarbeit mit den sieben AfD-Ratsvertretern.

Er fügte jedoch hinzu, dass er jetzt nicht vorhabe, „die nächsten fünf Jahre über die AfD zu reden“. Für ihn sei es jetzt wichtig, fünf Jahre lang sozialdemokratische Politik im Stadtrat umzusetzen. Klammer auf: Ohne ständig darauf zu schielen, was die AfD jetzt dazu sagt oder nicht sagt. Klammer zu.

(Bilder unten: Screenshots aus der Aufzeichnung der Lokalzeit Dortmund, 21. 11. 2025)

Anders als Laaser und wohl auch der ganz überwiegende Teil seiner Ratskollegen hat das Kamerateam des Öffentlich-Rechtlichen Senders an diesem Donnerstagabend in der Stadthalle Unna sehr wohl vor, über die AfD zu reden, und zwar ausschließlich, wie es später im 4-Minuten-Beitrag in der „Lokalzeit“ ersichtlich wird.

Dazu leuchtet das WDR-Team 15 Minuten vor Beginn der konstituierenden Ratssitzung mit Scheinwerfern den Spitzenkandidaten im zurückliegenden Wahlkampf aus, Jan Bienas, und forderte ihn in Nahaufnahme dazu auf, zu seinem „rechtsradikalen Hintergrund“ Stellung zu nehmen.

Gemeint sind die Waren, die Bienas in seinem Onlineshop verkauft, darunter die „Schwarze Sonne“, die seit den 90er Jahren in rechtsextremen Kreisen als Ersatz für das verbotene Hakenkreuz gilt. Dazu hatte der WDR bereits einige Wochen vor der Kommunalwahl eine Sendung gedreht mit dem Ziel, mutmaßlich rechtsradikale Hintergründe antretender AfD-Lokalpolitiker aufzudecken.

Der Bericht, der am Abend des Folgetags (21. 11.) in der Lokalzeit Dortmund ausgestrahlt wird und in der Mediathek abrufbar ist, zeigt, wie Bienas zuerst mehrmals ruhig erklärt, dass er hier und heute keinen Stellungnahme zu diesen Vorwürfen abgeben wolle.

„Es geht hier heute Abend um Ratspolitik. Ich bitte Sie, das zu respektieren.“

Der WDR-Reporter respektiert das nicht. Als er weiterhin in unverändert forderndem Ton auf eine Aussage zum „rechtsextremen Hintergrund“ des neuen Ratsherren beharrt, steht Bienas schließlich auf und geht auf den Journalisten zu, um seine Position klar zu machen. Die Kamera läuft weiter. Der Reporter gibt dem Zuschauer die Behauptung mit: „Jetzt bedrängt er mich.“

Es folgt der Auftritt des AfD-Fraktionsvorsitzenden Jürgen Böhm. Dieser steht von seinem Sitzplatz auf, tritt neben Jan Bienas und legt sich jetzt seinerseits mit dem Reporter an.

Jürgen Böhm (AfD) wirft dem WDR-Reporter „faschistisches“ Vorgehen vor. (Quelle Screenshot / WDR Lokalzeit)

„Es geht hier um Politik und nicht um Symbole! Sie sind doch nicht ganz in der Reihe hier!“, schimpft Böhm sein Gegenüber an.

„Was wollen Sie eigentlich?“

Es folgt ein kurzer Kameraschnitt. Dann sieht man wieder Böhm, wie er jetzt dem Reporter vorwirft:

„Sie verbreiten Hass. Sie sind faschistisch. Sie wollen uns einreden, dass etwas verboten ist, was andere nicht wollen.“


Unsere Redaktionsvertreterin kam im Moment des Drehs in der Stadthalle dazu. Um zum Pressetisch auf der gegenüberliegenden Seite zu kommen, muss man die Halle durchqueren und direkt an dem Kamerateam vorbeigehen.

Jan Bienas diskutiert mit WDR-Reporter Christof Voigt.

Jan Bienas steht in diesem Moment dem Reporter im Seitenbereich der Halle gegenüber. Die beiden Männer liefern sich einen Wortwechsel, von dem nur Bruchstücke zu verstehen sind.

Bienas beschwert sich augenscheinlich über die Art und Weise dieser bedrängenden Befragung wenige Minuten vor der ersten Sitzung des neuen Rates. Man diskutiert hin und her und hört den Reporter entgegnen: „Ich werde es meiner Redaktion mitteilen.“

Schließlich setzt man sich, die AfD-Ratsvertreter vom Podium aus gesehen an die Tische ganz rechts, dann folgten WfU und CDU. Die Pressevertreter – der örtlichen Tageszeitung, des Rundblicks und des WDR – hat die Stadt direkt dahinter platziert.

Die konstituierende Ratsitzung (lesen Sie dazu auch unseren Meinungsbeitrag) wird dann vom dienstältesten Ratsvertreter Klaus Tibbe (SPD) eröffnet. Zu aggressivem Auftreten von Ratsvertretern der AfD gegenüber der Presse allgemein, wie es die CDU-Fraktionsvorsitzende Beatrix Wieczorek später im Interview mit dem WDR glaubt wahrgenommen zu haben, kommt es zu keinem Zeitpunkt.

Die erste Abstimmung der neuen AfD-Ratsvertreter im Stadtrat besteht dann in 7 Enthaltungen zu der Hauptsatzung, in der weiterhin drei Vizebürgermeister vorgesehen sind. WfU und der fraktionslose Ex-AfD-Ratsherr Tuneke lehnen die Satzung aus diesem Grund ab.

Der Beitrag des WDR über die Ratssitzung beschränkt sich auf die AfD. Der Reporter kommt nach Interviews mit einigen Fraktionsvorsitzenden (ausgestrahlt werden drei Statements) und den Antworten des Bürgermeisters zu entsprechenden Anfragen dreier „Omas gegen Rechts“ zu dem Schluss, dass es für den Moment zwar keine Brandmauer im Unnaer Rat gibt, die AfD im Stadtrat jedoch isoliert sei.

Unsere Redaktion bat AfD-Ratsherr Jan Bienas um eine Stellungnahme aus seiner Sicht. Er teilte uns am Sonntag schriftlich mit:

„Zunächst einmal möchte ich die Organisation und den respektvollen Umgang der Verwaltung und auch anderer Ratsmitglieder lobend erwähnen. Auch wenn ich neu dabei bin – es ist kein leichtes eine erste Sitzung mit zahlreichen neuen Mandatsträgern und allem was dazugehört reibungslos zu organisieren, zumal die Stadthalle kurz vorher noch für eine andere Veranstaltung genutzt wurde.

Als einzig störend wurde, nicht nur von mir, der Auftritt des WDR-Journalisten Herrn Christof Voigt wahrgenommen. Der Gesinnungsvorwurf des Herrn Voigt, ebenso wie der Bedrängungsvorwurf waren, man muss es so sagen, unseriös konstruiert. 

Die Kamera wurde mir wenige Dezimeter entfernt, begleitet von einem stark blendenden Scheinwerferlicht, ins Gesicht gehalten. Davon wurde auch nach vier bis fünf-maliger höflicher Absage zu einem Interview nicht abgelassen. 

Nach dem bereits im September erfolgten unangemeldeten Besuch des o.g. WDR-Reporters an meiner privaten Wohnanschrift und einer schriftlich eingereichten Stellungnahme ist es sehr schade, dass der Journalist in der Zwischenzeit offenbar keinen Mittelaltermarkt besucht oder das Warenangebot vergleichbarer Onlineshops erforscht hat. Er hätte festgestellt, dass es sich bei den kritisierten Symbolen um beliebte mittelalterliche Schmuckstücke handelt, welche nicht aus politischen, sondern ästhetischen Gründen und Liebe zur frühen Geschichte gerne von mittelalterlich gewandeten Darstellern getragen werden. 

Auf Mittelaltermärkten geht es nicht um Politik, sondern um ein nostalgisches Interesse an den verschiedenen Epochen, Kulturen sowie dem Handwerk unserer Vorzeit. Ich kann jedem empfehlen eine solche Veranstaltung einmal zu besuchen.

Bedauerlich ist zudem das offenbar gänzlich fehlende Interesse an kommunalpolitischen Themen seitens des WDR-Reporters. So wurden weder wir, noch die Ratsmitglieder der anderen Parteien, geschweige denn der Bürgermeister zu den politischen Visionen und Herausforderungen für Unna befragt. Unser 13-Punkte-Wahlprogramm liegt dem WDR-Journalisten bereits seit geraumer Zeit vor.
Wir als AfD-Fraktion freuen uns über den erfolgten Start in die Kommunalpolitik und werden uns nun an die Arbeit machen Missstände aufzudecken, Lösungen zu erarbeiten und unsere Ideen für Unna in den Rat einzubringen.

Mit freundlichen Grüßen
Jan Bienas“


Die Schwarze Sonne

  • Ursprung: Der Ursprung des Symbols liegt in einem Bodenornament der SS in der Wewelsburg, das aus zwölf übereinander gelagerten Hakenkreuzen oder zwölf Siegrunen besteht.
  • Bedeutung: In der rechtsextremen Szene dient die Schwarze Sonne seit den 1990er Jahren als Ersatzsymbol für das Hakenkreuz und als Erkennungszeichen, beispielsweise als Tätowierung. 

Symbol in Esoterik und Satanismus

  • Bedeutung: Im Kontext der Esoterik und des Satanismus kann die Schwarze Sonne verschiedene Bedeutungen haben, wie zum Beispiel die Beherrschung von Macht, die Überwindung von Grenzen oder das Erreichen spiritueller Erleuchtung. 

Naturphänomen

  • Bedeutung: Das Naturphänomen „Schwarze Sonne“ bezieht sich auf das Schauspiel der Stare, die sich während ihrer Wanderung zu riesigen Schwärmen formieren. Dies hat keinerlei Verbindung zu den rechtsextremen oder esoterischen Symbolen. (Quelle: Wikipedia)

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Please enter your comment!
Please enter your name here