„Seit ich im Rollstuhl sitze…“ Ein offener Brief „an die Menschen von Unna“

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Foto: Privat / Bauer

„Hallo, dies ist ein offener Brief an die Menschen von Unna.“ So leitet eine gehbeeinträchtigte Unnaerin einen Appell auf Social Media ein, mit dem sie sich auch an unsere Redaktion wandte.

In ihrem offenen Brief schildet Yvonne „Yve Bauer“ ihre Erfahrungen, seit sie aufgrund einer Hirnhautentzündung auf einen Rollstuhl angewiesen ist.

Abschätzige Blicke, verletzende Bemerkungen bis hin zu offene Beschimpfungen begleiten den Alltag der 48-Jährigen. Auch üble sexistische Bemerkungen von Männern – Yvonne ist eine hübsche Frau. Diese Bemerkungen fallen meist, wenn Yvonne Kopfhörer im Ohr trägt. „Weil diese Männer dann denken, ich höre dann nicht, was sie über mich sagen.“ Das tut sie sehr wohl. Vieles, was sie in ihrem persönlichen offenen Brief schildet, ist so widerwärtig und verletztend, dass man es nicht wiedergeben möchte.

Andere, ganz praktische Diskriminierung erlebt Yvonne Bauer häufig, wenn sie in Unna unterwegs ist und zum Beispiel, wie neulich einmal, ganz spontan eine Bratwurst essen möchte.

Sie rollte vor das Verkaufsfenster des von ihr ausgewählten Geschäfts. „Eine Frau war vor mir dran und bestellte für ihre Familie. Ich saß die ganze Zeit da und wurde nicht bedient.“ Sie fühlte sich, als sei sie unsichtbar.

Bei einem anderen Imbiss in der Innenstadt bekam sie hingegen sofort ihre Bratwurst. „Dort war’s egal, ob ich den Rollstuhl hatte oder nicht.“ Sie wurde trotzdem sofort wahrgenommen und bedient. Das sind Lichtblicke in ihrem Alltag.

Yvonne möchte mit ihrem öffentlichen Aufruf „keine bestimmten Läden schlecht machen“, betont sie. Es geht ihr um Sensibilierung. Viele Menschen verhalten sich nach ihrer Erfahrung diskriminierend, ohne das vielleicht zu beabsichtigen und oft auch, ohne es überhaupt zu bemerken.

So wollte Yvonne draußen vor einem Geschäft mit Karte bezahlen, weil der Eingang nicht barrierefrei war. „Man bat mich, hineinzukommen, um dann zu bezahlen. Mit Rollstuhl nicht machbar. Ich kann zwar noch ein wenig laufen, müsste dann aber dort, wo Treppen sind, auf jeden Fall Armstöcke oder sonstiges benutzen.“ Das Problem in diesem Fall verstand sie nicht. „Es gibt doch mobile Geräte für Kartenzahlung.“

Für Yvonne Bauers Empfinden ist es „sehr schlimm, dass wir eine Gesellschaft geworden sind, die nun nicht nur Leute ausgrenzt, die anders aussehen. Nein, auch diejenigen trifft es, die eine sichtbare körperliche Behinderung haben.

Und das kann wirklich jeden treffen.“

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