Verzicht auf Kitagebühren kostet Stadt Unna jährlich über 2 Mio. € – „Solide Finanzen als Grundlage“

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Der Unna-Esel als Goldesel vor dem Rathaus. Foto Rinke

 „Solide Finanzen als Grundlage“, so rechtfertigt die Stadt Unna ihren geplanten Verzicht auf Elternbeiträge für Kitas und Tagesmütter-/Väter ab August 2026.

Wie berichtet, fällte der Jugendhilfeausschuss in seiner Sitzung am Dienstag (23. 9.) mit großer Mehrheit die Vorentscheidung für die beitragsfreie Unnaer Kita, eine Idee, für die sowohl CDU wie SPD für sich die Urheberschaft beanspruchen.

Auf der Rundblick-Facebookseite wurde der Beschluss, dem der Rat im Oktober formal noch zustimmen muss, noch am Dienstagabend hitzig diskutiert. Manche Foristen kritisierten den Wegfall der Elternbeiträge als „teures Wahlgeschenk“, andere monieren die mangelnde längerfristige Durchfinanzierung.

Klar ist, dass den Verzicht auf Elternbeiträge künftig der städtische Haushalt auffangen muss. Mit anderen Worten: Statt der Eltern zahlen fortan alle Unnaer Steuerzahler.

Konkret fehlen der Stadt mit dem Wegfall der Gebühren jedes Jahr über 2 Millionen Euro.

Vom Beginn des nächsten Kindergartenjahres am 1. August 2026 bis zum Jahresende beziffert die Verwaltung die Mindereinnahmen auf 910.000 Euro, ab 2027 sind Mindererträge in Höhe von 2,18 Millionen Euro in der Haushaltsplanung zu berücksichtigen.

Die Stadt sieht in dieser Summe jedoch kein Problem, denn sie habe „in den vergangenen Jahren konsequent Haushaltsdisziplin geübt und Schulden abgebaut. Dadurch entfallen jetzt dauerhaft Zinsaufwendungen, die den städtischen Handlungsspielraum in der Vergangenheit eingeschränkt haben.“

Die Kreisstadt sieht sich also in der erstaunlich komfortablen Lage, jährlich auf 2 Mio. Euro verzichten zu können. Zugleich aber unterzeichnete der Bürgermeister erst vor 10 Tagen einen Hilfeschrei der 10 kreisangehörigen Städte und Gemeinden an Bund und Land: Die Kommunen hätten „längst die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit erreicht“ und könnten ihre „Daseinsvorsorge nicht mehr im erforderlichen Umfang erfüllen“, heißt es darin.

Gleichwohl dürfte die Kitagebühren-Befreiung beschlossene Sache sein.

Die Beitragsfreiheit werde nicht zu Lasten der Kita-Träger (städtische Kitas gibt es in Unna nicht) und der Tagesmütter und -Väter gehen, versichert die Verwaltung.

„Die Kitas in freier und kirchlicher Trägerschaft bekommen von der Stadt weiterhin die gleichen Zuschüsse wie bisher – verlässlich und planbar.“

Mit der Beitragsfreiheit sei außerdem Bürokratieabbau verbunden: „Die Prüfung von Einkommensunterlagen, Beitragsberechnungen oder Widerspruchsverfahren wird nicht mehr nötig sein. Dies führt zu einer effizienteren Verwaltung.“

Parallel zur Beitragsfreiheit wird die Kreisstadt in den nächsten Jahren die Weiterentwicklung der Qualität in Kitas, Kindertagespflege und Offenem Ganztag vorantreiben. Die OGS bleibt dabei weiterhin gebührenpflichtig.

Quelle: PM Stadt Unna, Archiv RB

9 KOMMENTARE

  1. „Um für alle Kinder bis zum Schuleintritt einen gleichwertigen Zugang zu hoher Qualität in der frühkindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung sicherzustellen, sind gezielte Verbesserungen der Qualität der Kindertagesbetreuung notwendig“, Zitat Bundesministerium für Familie und Teil des KiQuTG NRW, welches die Qualität der Kinderbetreuung verbessern und Eltern entlasten soll.

    Und die Verwaltung der Stadt Unna.
    Verlässt sich voll umfänglich auf die freien Träger wie Wohlfahrtsverbände, Kirchen oder Elterninitiativen.

    Die Planlosigkeit gipfelt kürzlich in einem Aufschrei nachdem mit 2jährige Ankündigungsfrist die ev. Kirche die Drohung von Kita Schließungen in die Tat umsetzt. Und auch die Wohlfahrtsverbände kündigen Kürzungen in den Etats an bzw. haben sie umgesetzt zu Lasten des Angebots und der Betreuungsqualität.

    Nun ist grundsätzlich nichts einzuwenden gegen eine Entlastung der Eltern Beiträge für die Kinderbetreuung.

    Zu erwarten ist aber dass der zuständige Dezernent ein langfristiges, verlässliches Konzept mit den Trägern vereinbart um eben die angestrebte Qualität in Immobilien, Ausstattung, und qualifizierter Betreuung sicher zu stellen.

    Stattdessen eine populistische Wahlaussage des (noch) amtieren BM der durch fiskalische Maßnahmen wie Eingliederung der WBU-Überschüsse und Auflösung von Rücklagen kurzzeitig die finanzielle Situation der Stadt etwas besser dastehen lässt.

    Außer Acht gelassen wird die Warnung des Kämmerers vor 2028 mit einer drohenden Haushaltssicherung.

    Und was macht die SPD, übernimmt diese undurchdachte Aktion statt sie in den neuen Stadtrat einzubringen, der sich dann auch in 2018 verantworten muss.

    Der planlose Irrsinn der letzten 5 Jahre wird also weitergeführt.

  2. Danke für die umfassende und zutreffende Darstellung der Sachlage St. Gremling. Aus meiner Sicht ist dem nichts hinzu zu fügen. Die Beurteilung von Herrn Arnt ist richtig und es verwundert, warum Verwaltung und die beiden großen Fraktionen die Gegenargumente zur völligen Gebührenfreiheit für die Kita‘s nicht sehen wollen. Schade nur, dass WfU geschwächt aus der Wahl hervorgegangen ist und die verbliebenen anderen „Kleinen“ wohl in‘s andere Horn tuten werden.

  3. Zitat evangelische Kirche Unna:

    „Das System kollabiert gerade. Und die Regierung schaut zu. Sie lässt uns im Regen stehen.“

    „Der bereits im letzten Jahr begonnene Rückbau ist somit unausweichlich. Er ist unumgänglich, wenn wir nicht das gesamte Kita-Werk – und letztlich damit auch den Kirchenkreis – in den finanziellen Abgrund reißen wollen.“

    Auch die Verpflichtung zur „klimafreundlichen“ energetischen Sanierung von Gebäuden hat bei der evangelischen Kirche wegen der extrem hohe Kosten eher zu dessen Verkauf und Aufgabe geführt. Die dem öffentlichen Dienst angepassten Tariferhöhungen sind zwar schön für die Mitarbeiter, aber finanziell kaum zu bewältigen. Der gestiegene Kostendruck durch die steigende Inflation ist enorm und wirkt sich im Alltag bei jeder Anschaffung aus.

    Wenn sich die evangelische Kirche weiter aus der stark defizitären Kitaarbeit zurück zieht, ist alleine die Stadt dazu verpflichtet, Alternativen einzurichten um dem gesetzlichen Anspruch auf einen Kitaplatz gerecht zu werden. Nicht die Kirche, nicht der Bund und auch nicht das Land NRW.

    Die Stadt Unna ohne sonderliche Erfahrung in diesem Bereich wird in den nächsten Jahren städtische Kitas mit dem entsprechenden zusätzlichen Kostenaufwand einrichten müssen. Inklusive Standortsuche, Personalmanagement und Aufbau einer eigenen professionellen Organisationsstruktur. Es werden noch ordentlich weitere Kosten auf die Stadt zukommen.

    Da wären die jährlichen 2 Millionen Euro für den profanen Stimmenfang im Wahlkampf zur eigenen Machterhaltung sicherlich besser angelegt.
    Letztendlich wird die Stadt das Geld natürlich durch erhöhte Gebühren und Abgaben wieder von seinen Einwohnern eintreiben müssen.

    Während die regionale SPD und CDU gerade öffentlich mit Unterschrift der Bürgermeister eingestanden haben, das sie die Kommunen im Laufe der Jahre in die hoffnungslose Pleite geführt haben und deren Finanzhaushalte kurz vor dem Zusammenbruch stehen:

    https://rundblick-unna.de/2025/09/13/umlageverbund-kollabiert-landrat-und-buergermeister-im-kreis-fordern-von-bundesregierung-sofortige-hilfe/

    Der Finanzhaushalt der Stadt wurde mit Müh und Not anstatt für ein Jahr erstmalig auf 2 Jahre zusammen gebastelt damit der Offenbarungseid nicht vor der Kommunalwahl sichtbar wird.
    Mit dem Gesetz „NKF-COVID-19-Ukraine-Isolierungsgesetz – NKF-CUIG“ hat man im Doppelhaushalt tatsächlich unter den Allgemeinbegriffen „Corona“ und „Ukraine“ reale Ausgaben herausradiert als wenn sie einfach nicht existieren würden. Die sind dadurch aber natürlich nicht einfach weg sondern müssen früh oder später (natürlich nach der aktuellen Kommunalwahl) rückwirkend berücksichtigt werden.

    https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?sg=1&menu=1&bes_id=43425&aufgehoben=N&anw_nr=2

    https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMST18-1149.pdf

    Durch die Wahlen werden in den nächsten Jahren weiterhin CDU oder SPD Bürgermeister unwiederruflich fest in ihren Ämtern sitzen.
    Egal, was kommt.
    Notfalls aufgrund fragiler Mehrheiten wie auf Bundesebene als GroKo.

    Dafür werden sie allerdings auch selber in dieser Zeit für die Folgen ihres katastrophalen finanzpolitischem Mißmanagement gerade stehen müssen :-).

    • Sinngemäß geklaut von Mike Krüger:

      Herr Wigand und Herr Ganzke stehen eines Tages vor der Himmelspforte und Erzengel Gabriel läßt ihnen 1 Tag Zeit, um zu wählen, ob sie in die Hölle oder den Himmel wollen.
      Er zeigt ihnen vorher den Himmel wo es ganz entspannt und ruhig zu geht.
      Dann zeigt er ihnen die Hölle wo ihre ganzen alten Kollegen gemeinsam Golf spielen und sich ein schönes Leben machen.

      Einen Tag später erklären die beiden dem Erzengel, daß sie sich für die Hölle entschieden haben weil dort mehr los ist als im Himmel und ihre alten Kollegen dort sind.
      Schwupps sind die beiden in der Hölle.
      Allerding stehen nun ihre Kollegen dort bis zur Brust in der Jauchegrube. Es ist dort heiß und es stinkt.
      Daraufhin beschweren sich die beiden entsetzt beim Erzengel, weil die Hölle ja vor ihrer Entscheidung ganz anders aussah.

      Erzengel Gabriel antwortet den beiden darauf:
      Tja, das war vor der Wahl, nun haben wir halt nach der Wahl 🙂

    • … Da steht aber jemand mächtig im Stoff! Hoffentlich kann die Lesergemeinde den doch sehr detaillierten Einzelheiten folgen. So oder ähnlich wird es kommen. Das ist absehbar.
      Und dann geht das Gejammer wieder los. Die Bürger in dieser Stadt werden mächtig „hinter die Fichte geführt“, um es mal mit den Worten eines prominenten SPD-Politikers zu sagen. Aber so wichtig ist das wohl alles nicht, wenn die Unnaer sich einen Rat wählen, in dem jetzt 8 Leute sitzen, deren Gesichter nicht einmal öffentlich sind.

      • Mit diesen prominenten SPD Politiker war ich oft rein beruflich unterwegs und habe dazugelernt, wie groß die Diskrepanz zwischen dem öffentlichen Erscheinungsbild in der Politik und dem tatsächlichen Geschehen hinter den Kulissen ist.

        • Wohin es führt, wenn sozialer Kahlschlag und egoistische Selbstverwirklichung zum Gesellschaftsmodell erhoben werden, müsste man FDP-Wählern eigentlich nicht erklären – sie haben das Kleingedruckte ja offenbar mit einem “Schmunzeln“ unterschrieben.

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