Im Kreis Unna bahnt sich nach Meinung der GFL+WfU-Kreistagsfraktion eine handfeste Finanzaffäre an:
„Obwohl der Kreis eigentlich zu äußerster Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit verpflichtet ist, wollen Verwaltungsspitze und offensichtlich auch Großteile der Politik ohne Not eine Managementholding mit ausgiebig Personal entwickeln.
Dieses Abenteuer wird jährlich rund eine Million Euro verschlingen – letztlich auf Kosten der Kommunen und Steuerzahler im Kreisgebiet“,
warnte die Fraktion in einer Pressemitteilung am Samstag, 7. Dezember.
Auf diese Pläne von Landrat, Kreiskämmerer sowie insbesondere SPD und CDU machte die Kreistagsfraktion der beiden Wählergemeinschaften Gemeinsam Für Lünen (GFL) und Wir für Unna (Unna) mit Nachdruck aufmerksam.
Doch die Warnungen waren vergeblich.
Am heutigen Dienstag, 17.12., teilte die Kreisverwaltung mit:
Kreisholding bekommt hauptamtliche Geschäftsführung
Mike-Sebastian Janke wechselt im April zur VBU und wird neuer Konzerngeschäftsführer
Die Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft Kreis Unna mbH (VBU) soll zu einer echten Holding der Kreisgesellschaften umgebaut werden, das hatte der Kreistag am Dienstag, 10. Dezember, beschlossen und damit verbunden auch den Weg für eine wichtige Personalie freigemacht:
Kreisdirektor, Kreiskämmerer und Beteiligungsdezernent Mike-Sebastian Janke wechselt zum 1. April 2025 als hauptamtlich bestellter Geschäftsführer zur VBU. Die Stelle des Kreisdirektors wird neu ausgeschrieben.
Mit der Entscheidung, nun eine Vollzeit-Geschäftsführung zu installieren, sei die Absicht verbunden, weitergehende Synergieeffekte zu generieren als bislang.
„Dass die Wahl auf Mike-Sebastian Janke fiel, ist naheliegend“, erläutert Landrat Löhr. „Er war als zuständiger Dezernent für die Kreisbeteiligungen tief in den wichtigen Themen involviert und hat nach der Übernahme der VKU-Geschäftsführung im vergangenen Jahr unternehmerische Qualitäten bewiesen. Er ist der beste Mann für diese herausfordernde Aufgabe.“
Am Beispiel der Verkehrsgesellschaft Unna (VKU) werde auch der Handlungsbedarf deutlich: Ende des kommenden Jahres ist die laufende Loslösung aus der Westfälischen Verkehrsgesellschaft vollzogen. Die hatte für die VKU bislang eine Reihe von Managementaufgaben übernommen, die nun anders organisiert werden müssen. „Dabei kann eine gestärkte VBU eine gewichtige Rolle spielen, bei der wir potentielle Synergien mit den anderen Gesellschaften auch ausschöpfen“, beschreibt der neue Geschäftsführer seine künftige Aufgabe beispielhaft.
Ins operative Geschäft der Kreisgesellschaften hingegen soll die VBU weiterhin nicht eingreifen. Auch für die VKU wird unter diesen Vorzeichen auf Sicht eine neue Geschäftsleitung zu finden sein.
Janke sieht die gemeinsame Erledigung vergleichbarer Aufgaben in den Gesellschaften nicht zwangsläufig bei der Konzernholding. In den Gesellschaften würde da ja jetzt schon gute Arbeit geleistet – nur eben mehrfach. Er könne sich gut vorstellen, zukünftig auch Aufgaben in den Gesellschaften für alle oder einen Teil zu bündeln.
Auch deshalb werde der Stab an Mitarbeitern, den Janke aus dem Kreishaus rekrutieren wird, mit sieben Personen eher klein ausfallen.
Vielfach seien das Kräfte, die auch bislang mehr oder weniger intensiv mit den Beteiligungen befasst waren.
Beiden sowohl dem Landrat, als auch dem scheidenden Kreisdirektor, war eine politische Entscheidung wichtig. Zwar hätte die VBU die anstehenden Veränderungen in ihren Gremien selbst entscheiden können, Landrat Mario Löhr setzte die weitreichende Entscheidung aber auf die Tagesordnung des Kreistages. „Ich will damit klar machen, dass auch künftig richtungsweisende Entscheidungen beim Kreistag liegen“, begründet Löhr diesen Schritt.
Pressemitteilung Kreis Unna
Die GFL+WfU-Kreistagsfraktion kritisiert die VBU-Pläne scharf.
„Diese Maßnahme kommt zur Unzeit: Aktuell kämpfen alle 10 Kommunen im Kreis mit tiefroten Zahlen“,
so Fraktionsvorsitzender Johannes Hofnagel. Selbst davon abgesehen seien die Pläne im Kreishaus ein kritikwürdiges Finanzabenteuer. Denn für die Weiterentwicklung der VBU in eine Management-Holding fehlen die sonst üblich vorzulegenden wirtschaftlichen Eckdaten mit Blick auf die nächsten Jahre. Hofnagel:
„Da startet gerade ein Blindflug in die Zukunft: Wir kennen keine genauen Aufwendungen, wir kennen keine geplanten zusätzlichen Mehrerträge, wir kennen keinen Business Case / Wirtschaftsplan für die nächsten Jahre; folglich fehlt auch eine dezidierte Kosten/Nutzen-Bewertung. Auch sei es vor Freigabe solcher Investitionsvorhaben üblich, mögliche Handlungsalternativen, die ggf. auch kostengünstiger sind, zu erarbeiten und diese kritisch dem geplanten Vorhaben alternativ gegenüberzustellen – „beim Kreis alles Fehlanzeige“.
Zudem sieht die GFL+WfU-Kreistagsfraktion in dem gesamten Vorgang auch ein anderes „Geschmäckle“. Denn der gewählte Kreiskämmerer baue gerade selbst ein Unternehmenskonstrukt, was er demnächst mit hoher Wahrscheinlichkeit leiten und sein Gehalt deutlich verbessern werde.
„Das alles wirft die Frage auf, ob Herr Janke überhaupt mit solch einer vorbereitenden Aufgabe hätte betraut werden dürfen. Für uns steht der Verdacht im Raum, dass Herr Janke in der Sache befangen ist. Unabhängig von dieser eher formal-rechtlichen Fragestellung hätte es die Berufsethik eines hohen Verwaltungsbeamten geboten, sich aus der Beratung und Beschlussfassung zu dieser Großbaustelle herauszuhalten“, so Hofnagel.
Hofnagel kündigte für die GFL+WfU-Kreistagsfraktion an, dass sie der geplanten Finanzaffäre entgegentreten werde. „Wir fordern in der nächsten Kreistagssitzung, die VBU-Weiterentwicklung mit jährlichen Mehrbelastungen des Kreiskonzerns in Millionenhöhe erstmal zu stoppen. Landrat und Verwaltungsspitze werden von uns aufgefordert, erst einmal alle relevanten Eckdaten, Risiko-Bewertungen und Handlungsalternativen darzustellen.
Wir werden diesem Finanzabenteuer, der einem unnötigen Blindflug ähnelt, nicht zustimmen. Wir können nur hoffen, dass unser Antrag auch von möglichst vielen Kreistagsmitgliedern anderer Fraktionen unterstützt wird.“
Pressemitteilung: GfL+WfU-Fraktion im Kreis Unna