„Duldung ist kein Leben in Würde!“
Der Integrationsrat Unna fordert zusammen mit dem Landesintegrationsrat und anderen kommunalen Integrationsräten in NRW eine deutliche Verbesserung der Situation von geduldeten Menschen. Am kommenden Dienstag, 29. 11., steht im Integrationsausschuss im Rathaus eine entsprechende Resolution auf der Tagesordnung.
Darin heißt es:
„In unserem Bundesland leben über 64.000 Personen mit abgelehntem Asylantrag, deren Ausweisung jedoch ausgesetzt wurde.
Sobald das Abschiebehindernis wegfällt, droht Geduldeten jederzeit die Ausweisung. Sie leben daher in ständiger Angst, Deutschland verlassen zu müssen, viele über mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte.
Eine Duldung stellt keine Grundlage für ein Leben in Würde dar!
Nicht nur ist es ethisch untragbar, Menschen dauerhaft in einem Status der Unsicherheit und der Perspektivlosigkeit zu halten. Sondern es ist auch wirtschaftlich unsinnig, sie von staatlichen Leistungen abhängig zu machen – insbesondere wenn in gebetsmühlenartiger Regelmäßigkeit eine Fachkräftemangel in Deutschland beklagt wird.
Mit Blick auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist es geboten, jeder und jedem eine faire Chance auf ein selbstbestimmtes Leben zu geben und nicht durch repressive Gesetze für Ungleichheiten und Hierarchien in der Bevölkerung zu sorgen.
Zu bedenken ist auch das Engagement der unzähligen zivilgesellschaftlichen Initiativen, ehrenamtlichen Einzelpersonen,
Wohlfahrtsverbände sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Verwaltungen, die sich tagtäglich für ein gutes Miteinander einsetzen. Dieser Einsatz wird durch die derzeitige, integrationsfeindliche Gesetzgebung torpediert!
Es braucht daher dringend einen echten Perspektivwechsel im Umgang mit geduldeten Menschen!
Die von der Bundesregierung im Koalitionsvertrag angekündigten Änderungen im Aufenthaltsrecht und der vom Kabinett am 06.07.2022 verabschiedete Gesetzentwurf zum Chancenaufenthalt können dafür eine Basis schaffen. Doch auch die Länder müssen aktiv werden.
NRW hat in den vergangenen Jahren mit Programmen wie „Gemeinsam klappt`s“ und „Durchstarten in Ausbildung und Arbeit“ Angebote zu Integration und Teilhabe auch für Geduldete geschaffen. Mit dem Erlass zur Umsetzung von § 25b AufenthG hat die Landesregierung zudem den politischen Willen bekundet, die rechtlichen Möglichkeiten zur Aufenthaltssicherung voll auszuschöpfen.
Dieser Weg muss weitergegangen und die Bemühungen, Geduldeten ein Bleiberecht zu verschaffen, intensiviert werden.
Insofern begrüßt der Landesintegrationsrat NRW den Erlass des NRW-Integrations- und Flüchtlingsministeriums vom 15.07.2022 zur Stärkung der Bleiberechte von Geduldeten. Der Erlass ist jedoch unnötig zurückhaltend formuliert und verpasst
die Chance, eindeutige Vorgriffsregelungen zur Erteilung von Ermessensduldungen für diejenigen zu erlassen, die voraussichtlich unter den Anwendungsbereich des Chancenaufenthaltsrecht fallen werden. Ein solches Vorgehen würde den Ankündigungen im Koalitionsvertrag von CDU und Grünen in NRW entsprechen, dass alle humanitären und aufenthaltssichernden
Bleiberechtsregelungen so auszuschöpfen [sind], dass gut integrierte geduldete Geflüchtete eine
Bleibeperspektive erhalten“ (S. 120).
Wir fordern die Landesregierung darüber hinaus auf, die auf bundesgesetzlicher Ebene geschaffenen Neuregelungen zügig und anwenderfreundlich umzusetzen und mit Erlassen zu flankieren. Alle rechtlichen Möglichkeiten müssen genutzt und die Ermessensspielräume der Ausländerbehörden klar definiert sein.
Das neue Chancenaufenthaltsrecht muss unmittelbar und wohlwollend angewendet werden.
Die Ausländerbehörden sollten per Erlass Hinweise zur Umsetzung des neuen 104c AufenthG2 erhalten. Sie müssen darüber hinaus angewiesen werden, proaktiv alle geduldeten Personen, die die Voraussetzungen erfüllen und von der neuen Regelung profitieren könnten, über die Möglichkeit der Antragstellung zu informieren.
Berechtigten Personen muss die notwendige Zeit zur Beantragung eines Chancenaufenthalts gegeben werden. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen dürfen in diesem Zeitraum nicht eingeleitet werden.
Die Landesregierung soll sich auf Bundesebene für die zügige Umsetzung aller weiteren im Koalitionsvertrag der Bundesregierung angekündigten Erleichterungen für geduldete Menschen einsetzen. Diese betreffen
- die Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis für bislang geduldete Personen in Ausbildung,
- die Entfristung der Beschäftigungsduldung und die Abschaffung von Arbeitsverboten
„sowie die Identitätsklärung durch eine Versicherung an Eides statt.“
Über die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag der Bundesregierung hinaus sollte sich die Landesregierung auf Bundesebene dafür einsetzen, dass die Praxis der Kettenduldung in Zukunft rechtswidrig ist.
„Deutschland und gerade unser Bundesland NRW ist Einwanderungsland. Dazu gehört auch die Einwanderung von Menschen auf der Flucht.
Unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus sind diese Menschen genauso wertvolle Mitglieder unserer vielfältigen Gesellschaft wie alle anderen auch. Deshalb gilt es, grundsätzlich mit einer Politik zu brechen, die Einwander/innen in erwünschte und unerwünschte aufteilt und ihnen anhand dieser Kategorien Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben in Würde einräumt oder sie in staatlicher Abhängigkeit und ständiger Unsicherheit lässt.
Deshalb muss die Duldung perspektivisch abgeschafft werden. Bis dieses Ziel erreicht ist, müssen die vorhandenen Möglichkeiten zur Erlangung eines Bleiberechts voll ausgeschöpft werden.“
Pressemitteilung Integrationsrat Unna
Deutschland ist ein Einwanderungsland: etwa halb so groß wie die Ukraine und doppelt so viele Einwohner – völlig einleuchtend, wir haben Platz und Geld und die beste Regierung der Welt – und sind bunt…