Fröndenbergs Bürgermeisterin mit 19 % Rückstand in Stichwahl, jetzt auch mit SPD-Logo – SPD: Konnten gute Politik nicht vermitteln

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Erst vor der Stichwahl taucht Werbung für die SPD-Bürgermeisterin auf SPD-Plakaten in Fröndenberg auf. Herausforderer Dirk Weise (CDU) wird zusätzlich mit Aufklebern von der FWG unterstützt. (Foto RB)

25,5 gegen 44,4 Prozent sind aufzuholen – für viele Fröndenberger ist die Bürgermeisterstichwahl am kommenden Sonntag, 28. 9., bereits entschieden und Amtsinhaberin Sabina Müller (SPD) nach 5 Jahren schon wieder abgewählt.

Die von den Sozialdemokraten zum zweiten Mal nominierte Bürgermeisterin, die ihren Wahlkampf zur Amtsverteidigung ohne das Parteilogo „SPD“ auf Plakaten und Flyern bestritt, wurde bei der Kommunalwahl am 14. September von den Fröndenberger Wählern abgestraft und landete mit 25,5 Prozent noch um einen Punkt unter dem Ergebnis ihrer Partei.

Das ist das deutlich schlechteste Ergebnis aller Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern im Kreis Unna, die sich am vorletzten Sonntag zur Wiederwahl stellten, wenngleich noch drei weitere von starken Herausforderern in die Stichwahl gezwungen wurden:

  • Dirk Wigant (CDU) schaffte in Unna lediglich 3 Prozentpunkte mehr als Hartmut Ganzke (SPD),
  • Bernd Schäfer (SPD) landete in Bergkamen 6 Prozentpunkte vor Thomas Heinzel (CDU),
  • und in Selm fand sich der parteilose Bürgermeister Thomas Orlowski um 5 Prozentpunkte hinter Heinz-Georg Mors von der CDU wieder.

In Fröndenberg setzte sich der CDU-Herausforderer Dirk Weise schon im ersten Wahlgang mit beeindruckenden 44,4 Prozent gegen immerhin dreifache Konkurrenz durch:

Neben der amtierenden Bürgermeisterin traten wie vor 5 Jahren Matthias Büscher für die Fröndenberger Wählergemeinschaft (FWG) und Frank Schröer für die Grünen an. Beide erzielten jeweils zweistellige Ergebnisse – Büscher rund 18, Schröer rund 11 Prozent.

Bei der Wahl 2020 konnte die damals neu nominierte SPD-Kandidatin in der Stichwahl auf beeindruckende Weise einen Rückstand zum damaligen CDU-Kandidaten Heinz Günther Freck aufholen: Landete Sabina Müller im ersten Wahlgang noch um 3 Prozentpunkte hinter ihrem Beigeordneten (29 zu 32 Prozent), gewann sie die Stichwahl 14 Tage später überlegen mit 60 Prozent.

Sie ging also mit viel Vorschusslorbeer in ihre erste Amtszeit. Offenbar konnten diese die Erwartungen ihrer Wähler nicht ausreichend erfüllen.

Offen bleibt, wieviel Anteil an Müllers schlechtem Ergebnis ihr von ihrer Partei losgelöster Wahlkampf hatte. Wie berichtet, war Sabina Müller in ihren Amtsverteidigungswahlkampf ohne SPD-Logo auf Plakaten und Flyern gestartet, was sie damit begründete, jetzt 5 Jahre lang Bürgermeisterin „für alle Bürger“ gewesen zu sein und ein Angebot „für alle Bürger“ machen zu wollen.

Gleichwohl war sie von ihrer SPD zweimal in Folge mit 100 Prozent nominiert worden. Deshalb zeigten sich von ihrem SPD-freien Wahlkampf der sozialdemokratischen Bürgermeisterin auch manche Bürger irritiert.

Müllers Stadtverband selbst äußerte sich im Wahlkampf nicht dazu. Auf einigen (nicht allen) SPD-Plakaten für die Ratswahl, die noch hängen geblieben sind, prangen jetzt vor der Stichwahl Aufkleber mit dem Appell „Sabina Müller wählen“.

In der Stichwahl werben die SPD und ihre Bürgermeisterin jetzt gemeinsam auf Plakaten. Zuvor lief der Wahlkampf getrennt ab. (Foto RB)

SPD-Stadtverbandsvorsitzender Michael Nophut schrieb unserer Redaktion auf Nachfrage zum Wahlausgang und zur Stichwahl:

Zu 1. Die SPD Fröndenberg hat ihre Wahlziele nicht erreicht. Nach einer Wahlperiode, in der die SPD Fröndenberg seriöse Politik zum Wohle der Stadt und ihrer Bürger gestaltet hat, ist es uns nicht gelungen, dies den Wählerinnen und Wählern auch so zu vermitteln.

Der maßgebliche Anteil der SPD, in kongenialer Zusammenarbeit mit der Bürgermeisterin, an der städtebaulichen Entwicklung und insbesondere in der Schul- und Sozialpolitik, hat bei den Wahlergebnissen kein zufriedenstellendes Ergebnis geliefert.

Der Transport von komplexen politischen Inhalten und Antworten in weite Teile der Bevölkerung wird durch den Niedergang der traditionellen Medien (Print) auch in Zukunft eine große Herausforderung bleiben.

Zu 2. Die SPD Fröndenberg hat ihren Wahlkampf in enger Abstimmung mit der Bürgermeisterin gestaltet. Zahlreiche gemeinsame Aktionen, an Wahlkampfständen und auf Veranstaltungen, legen Zeugnis davon ab.

Als Amtsinhaberin und Bürgermeisterin für alle Fröndenberger war es uns ein Anliegen, möglichst jedem, auch nicht SPD-Affinen, die Möglichkeit zur Wahl der Amtsinhaberin zu geben, ohne das Mantra der SPD vor sich her zu tragen.

Dass ein SPD-Logo auf den Plakaten einen Wahlerfolg generiert hätte, ist Spekulation. 

Abschließend ist zu resümieren:

Nicht immer gelingt es, gute Politik und ehrenamtliches Engagement der Parteien in die Gesellschaft zu transportieren.

Die Zunahme von Einzelratsmandaten und neuen Gliederungen führt nicht grundsätzlich zu mehr Demokratie, sondern erschwert die Meinungs- und Mehrheitsbildung, um in den herausfordernden Zeiten praktikable Lösungen zu erzielen.

Die Bürgermeisterin der Stadt Fröndenberg, Sabina Müller, ist seit fast 30 Jahren Mitglied der SPD. Die SPD Fröndenberg steht hinter Sabina Müller und wird bis zum 28. September dafür kämpfen, dass Sie auch in den nächsten 5 Jahren Bürgermeisterin der Stadt Fröndenberg bleibt. Weil wir von ihrer guten Arbeit zum Wohle der Stadt überzeugt sind.“


Bitter für die Bürgermeisterin ist nicht nur der große Rückstand, mit dem sie in die Stichwahl geht, sondern zusätzlich die offensive Unterstützung der FWG für ihren Konkurrenten.

Unmittelbar nach der Wahl verkündete die Wählermeinschaft mit ihrem Bürgermeisterkandidaten Büscher, dass man in der Stichwahl Dirk Weise empfehle. Wie Büscher kommt Weise aus dem Fröndenberger Westen, rettete dort das Freibad Dellwig vor der Schließung.

Auf der Facebookseite der FWG begründet die Wählergemeinschaft ihre Parteinahme wie folgt:

„Jetzt gilt’s: Fröndenberg braucht einen Politikwechsel!

Die FWG unterstützt in der Stichwahl Dirk Weise (CDU Fröndenberg/Ruhr). Geht am Sonntag wählen und sorgt mit eurer Stimme für mehr Veränderung, Bürgernähe und Transparenz in unserer Stadt. Nur gemeinsam können wir Fröndenberg neu gestalten.“


Auch Unterstützung von den Grünen bekommt Müller diesmal nicht mehr. Bürgermeisterkandiat Frank Schröer erklärte das unserer Redaktion auf Nachfrage wie folgt:

Frank Schröer. Foto c/o Schröer /Grüne Fröndenberg

„Als ich vor fünf Jahren als Bürgermeisterkandidat eine Wahlempfehlung für Sabina Müller ausgesprochen habe, haben mir meine Wähler das sehr übel genommen, weil sie sich mündig genug fühlen, alleine zu entscheiden. Außerdem gab es medial ein Riesengeschrei, als Monika (Schröers Ehefrau, d. Red.) zu ersten stellvertretenden Bürgermeisterin gewählt wurde. Von wegen Big Deal und so. Das braucht kein Mensch.

Nun hat sich die Grüne Fraktion einstimmig gegen eine Wahlempfehlung ausgesprochen.

Ich würde nur jedem empfehlen, noch einmal genau hinzuschauen. Visionen und Ideen haben beide ähnliche. Um diese umzusetzen, braucht man die Mitarbeiter der Verwaltung auf seiner Seite, eine Mehrheit im Rat, eine große Portion Empathie, um respektvoll mit den Bürgern in den Dialog zu kommen und das Standing, die Stadt nach außen zu vertreten und zu repräsentieren.

Puh, keine einfache Entscheidung…

Im Übrigen geht das Wahlergebnis für die Grünen ganz in Ordnung, weil wir entgegen dem Bundestrend nicht total abgestürzt und immerhin noch mit fünf Menschen im Rat vertreten sind.

Ich persönlich war schon enttäuscht, weil ich immerhin gut 8 % gegenüber 2020 verloren habe.“

1 KOMMENTAR

  1. Wenn eine Partei den politischen Konkurrenten für den Wähler empfiehlt, empfinde ich das immer als skurril und wiedersprüchlich.
    Daher empfinde ich die Entscheidung der GRÜNEN in Fröndenberg, keine Wahlempfehlung auszusprechen, die korrekteste.

    Ob Müller oder Weise oder ob Wigand oder Ganzke, das unterscheidet sich wirklich nicht.
    Zumal die auch zum notwendigen Machterhalt jederzeit wie auf Bundesebene eine gemeinsame Koalition bilden würden.
    Angela Merkel hat um die 12 Jahren gemeinsam mit der SPD regiert. Merz regiert auch wieder mit der SPD. In den wesentlichen Punkten gibt es außer kleine Detailfragen keinerlei Unterschiede zwischen den Parteien. Auch nicht auf kommunaler Ebene.

    Man teilt sich halt seit um die 70 Jahre abwechselnd den Kuchen untereinander auf.
    Das CDU und SPD gleichermaßen für den aktuellen Zustand der schwer verschuldeten Komunen in der Region verantwortlich sind, ist unbestreitbar.

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