
„Tempo 50 auf Hauptstraßen: Jede Minute zählt“, beharrt die Unnaer FDP.
Zwei Tage vor der Kommunalwahl machen die Liberalen um ihren Spitzenkandidaten noch einmal deutlich, wieso sie sich in ihrem Kommunalwahlkampf so überdeutlich auf das Schwerpunktthema „Verkehr“ fokussieren, konkret für eine Rückkehr auf Tempo 50 auf Unnas Hauptverkehrsstraßen.
Diese sind im Zuge der Lärmschutzaktionspläne, zu denen die Stadt per EU-Verordnung verpflichtet ist, inzwischen auf weiten Teilen tempolimitiert. Die längste städtische 30er-Strecke in Königsborn erstreckt sich mehrere Kilometer weit über die Friedrich-Ebert- und die Kamener Straße vom Kreishaus bis zur Kamener Stadtgrenze.
Kritik daran übte vor 4 Wochen auch der langjährige frühere Leiter des Unnaer Rettungswesens, Olaf Weischenberg, als Podiumsgast einer Veranstaltung zur Sicherheit in NRW in der Unnaer Stadthalle. Zu Gast bei den veranstalteten Senioren-Union Unna waren der Innenminister von NRW, Herbert Reul, und Manuel Ostermann, Vizevorsitzender der Bundespolizeigewerkschaft, Bürgermeister Dirk Wigant (CDU) und eben Weischenberg.

Der kürzlich aus dem Amt verabschiedete langjährig erfahrene Rettungsexperte sprach an jenem Abend von den zunehmenden Schwierigkeiten, Ehrenamtliche für die lebensrettenden Aufgaben zu gewinnen.
Dabei erwähnte er auch die wachsende Problematik der Freiwilligen, nach einer Alarmierung zum Beispiel auf ihrer Arbeitsstelle schnell am jeweiligen Einsatzstützpunkt sein, wenn sie sich zuvor über kilometerlange Tempo 30-Strecken kämpfen müssen.
Denn die Sonder- und Wegerechte bei einem Noteinsatz gelten ja nicht für die privaten Anfahrten der Retter.
Das sei in Unna wirklich ein Problem geworden, unterstrich Olaf Weischenberg.
Die FDP kann sich davon nur bestätigt fühlen.

„Wir setzen uns klar und entschieden für Tempo 50 auf den Hauptstraßen unserer Stadt ein“, unterstreicht Spitzenkandiat Benjamin Lehmkühler. „Denn hier geht es nicht um Symbolpolitik, sondern um die Lebensqualität und Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger: weniger Abgase, weniger Bremsabrieb, weniger Staus – und vor allem schnellere Rettungswege.“
SPD, Grüne und VOLT lehnen Tempo 50 ab, erinnert Lehmkühler an den Fragenkatalog des Rundblicks an die neun bei der Kommunalwahl in Unna antretenden Parteien und Wählergruppen.
„Sie reden von ,ein paar Minuten Zeitersparnis´, als ginge es nur um Bequemlichkeit. Doch diese Minuten können im Notfall über Leben und Tod entscheiden“, unterstreicht Lehmkühler.
Ausnahmen wollen die Liberalen zum Beispiel vor Schulen erlauben – hier ist für sie Tempo 30 richtig, ausdrücklich „während der Unterrichtszeiten“. Dabei müssten sie allerdings Nachmittagsunterricht und Abendveranstaltungen mit berücksichtigen.
Den 30 verfechtenden Parteien wirft die FDP gar vor, „Ideologie über Menschenleben zu stellen“. Den gleichen Vorwurf machen die kritisierten Parteien, namentlich die Grünen, umgekehrt der FDP, da Tempo 30 nachweislich für mehr Sicherheit auf den Straßen sorge.
„Autofahrer brauchen Taten – keine Wahlkampfparolen“
Mit Blick auf den Rundblick-Fragen- und Antwortekatalog an die antretenden Parteien und Wählergruppen merkt die FDP außerdem an, dass „plötzlich alle die Autofahrer für sich entdecken“.
„Kurz vor der Kommunalwahl am 14.09. überbieten sich die Parteien in vermeintlicher Autofahrerfreundlichkeit. Doch wer jetzt lautstark Wahlkampfparolen verkündet, hat noch vor Kurzem selbst die Belastungen für die Bürger beschlossen.“
Die FDP erinnert:
„Wir sind die einzige Partei, die geschlossen gegen das Parkraumkonzept gestimmt hat. Alle anderen Parteien tragen die Verantwortung für die heute horrenden Parkgebühren in Unna.“
Ähnliches gelte für die Höchstgeschwindigkeit auf Hauptstraßen. „Wir wollen Sicherheit im Verkehr, Sicherheit vor Schulen, aber ohne ideologische Tempo-30-Experimente, die den Verkehrsfluss lähmen, Staus erzeugen und Anwohner zusätzlich mit Abgasen belasten.“ Im Fragenkatalog des Rundblicks „klangen plötzlich viele Antworten verdächtig nach FDP-Positionen“, so Benjamin Lehmkühler:
„Offensichtlich bedienen sich CDU, AfD, SPD und andere Parteien bei uns, um auf den letzten Metern noch billig Stimmen zu fangen.“
Bleibt zu hoffen, dass die FDP am Sonntag endgültig in der Versenkung verschwindet oder dauerhaft im Rektum der CDU verbleibt. Die vorgebrachten Argumente gegen Tempo 30 sind allesamt lächerlich. Tempo 30 vermindert schädliche Immissionen und trägt zu mehr Verkehrssicherheit bei. Und wenn‘s wirklich mal brennt, darf der Feuerwehrhauptmann gerne auch mal schneller fahren.
Im letzten Punkt irren Sie, Herbert. Es geht nicht um den Feuerwehrhauptmann, sondern um die freiwilligen Retter (auch Feuerwehrleute), die auf ihrer Arbeit zum Einsatz alarmiert werden und dann mit ihren Privatwagen eben keine Sonderrechte genießen. Herr Weischenberg hat das nicht zum Spaß kritisiert.
Liebe Redaktion!
Lese gerade den Artikel über das Lieblingsthema der FDP und stimme Herrn Herbert zu, was die Sinnhaftigkeit der Argumentation gegen Tempo 30 angeht. Ich habe im Rat bei früheren „Anläufen“ der FDP mehrfach erklärt, weshalb Tempo 30 grundsätzlich eine geeignete und preiswerte Maßnahme zur Verbesserung der Verkehrssicherheit und ein wichtiger Beitrag zur Verringerung von Lärm und Abgasen ist. Die Diskussion um Sonderrechte im Notfall und angeblich lebensgefährdende Zeitverluste durch Tempo 30 ist in der Tat schlicht unsinnig. Das Argument mit der „Behinderung“ von freiwilligen Feuerwehrleuten, die mit Privatfahrzeugen zum Einsatz oder Sammelort fahren ist ebenfalls, mit Verlaub, Quatsch. Sonderrechte sind im Gegensatz zum sogenannten Wegerecht (Recht auf freie Bahn bei eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn), nicht an ein dafür ausgerüstetes und zugelassenes Fahrzeug gebunden. Sonderrechte gelten für die berechtigte Person (Feuerwehr, Polizei, usw.) die diese bei Vorliegen der rechtlichen Vorraussetzungen, jederzeit auch mit einem privaten Fahrzeug in Anspruch nehmen kann. Natürlich muss derjenige, der Sonderrechte (z.B. schnelleres Fahren) ohne ein Wegerechtsfahrzeug und ohne Blaulicht/ Martinshorn in Anspruch nimmt, ganz besonders umsichtig fahren. Andere Verkehrsteilnehmer wissen in diesem Falle ja nicht, dass Sonderrechte in Anspruch genommen werden.
Ein Argument gegen Tempo 30 ist das jedenfalls nicht.
Man darf gerne gegen Tempo 30 sein, wenn man aus Prinzip immer und überall die „freie Fahrt für freie Bürger“ (urzeitlicher Wahlslogan der FDP) proklamieren möchte. Man sollte dann aber stichhaltige Argumente wählen.