Seit fünf Monaten darf in Unnas Fußgängerzone nicht mehr geradelt und nicht mehr E-Scooter gefahren werden, auch nicht wie zuvor von 19 Uhr abends bis 9 Uhr morgens. Als begeisterte Vielradlerin finde ich dieses konsequente Verbot ausgesprochen begrüßenswert, wichtig und überfällig.
Die empörten Reaktionen, die im politischen Raum vor allem von FDP und Grünen laut wurden und werden, habe ich nie verstanden. Was ist an dem Wort „Fußgängerzone“ nicht zu verstehen? Eine Fußgängerzone ist für Fußgänger da, deshalb heißt sie so. Für Fußgänger plus Radfahrer gibt es Fuß/Radwege (erkennbar durch die runden blauen Schilder mit entsprechenden Piktogrammen), für Radfahrer gibt es Radwege, für Kraftfahrzeuge gibt es Kraftfahrtstraßen. Eigentlich kinderleicht.
Das Hauptargument der Gegner dieses Verbots ist, dass abends und nachts sowieso kaum Fußgänger in der Unnaer Bummelzone unterwegs sind. Mit dieser Logik kann ich genausogut rechtfertigen, nachts auf einer gähnend leeren Straße bei Rot über eine Fußgängerampel zu gehen, da um diese Zeit ja sowieso kaum Autos fahren und man diese wenigen Autos dann schon kilometerweit hört und sieht. Darüber kann man ja dann mal morgens um 4 Uhr mit einem Verkehrspolizisten diskutieren.
Es geht bei einem ausnahmslosen Rad- und E-Scooter-Fahrverbot in einer Bummelzone ähnlich wie bei einer roten Ampel um etwas Grundsätzliches. Rot heißt „Stehenbleiben!“, ohne Wenn und Aber. Und eine „Fußgängerzone“ bedeutet für mich als Radlerin: „Absteigen!“ Und anschließend entweder anketten oder schieben. Ohne Wenn und Aber und ausnahmslos, weil es einfach klar sein muss: Hier ist eine Fußgängerzone, und da wird nicht gefahren.
Lieferverkehre als Argument für Ausnahmen heranzuziehen finde ich albern. Ein Lkw-Fahrer muss in die Fußgängerzone fahren, wenn er in einem dortigen Geschäft anliefern muss, es bleibt ihm nichts anderes übrig. Er kann seinen Lastwagen ja kaum im Parkhaus parken und die Ware zu Fuß huckepack zur Bahnhofstraße schleppen.
Kein Mensch „muss“ hingegen auf dem Rad oder dem Scooter abends und nachts durch die Fußgängerzone cruisen, zumal dort vor dem Inkrafttreten des Rund um die Uhr-Verbots meist ziemlich flott gecruist wurde, mit rasantem Fahrstil und oft unbeleuchtet.
Wer es als Fußgänger wagt, seinen Fuß auf einen Radweg zu setzen, und sei es auch aus reinem Versehen, darf mit sofortigen aggressiven „Platz da!“-Schreien rechnen, vor allem, wenn der Schreiende auf einem E-Bike sitzt. So ist es mir kürzlich ergangen, als ich in einer Parkbucht an der Massener Straße (in Höhe Netto) meinen Kleinwagen parkte, zur Fahrbahnseite hin ausstieg und ums Autochen herumging, um kurz meine Tasche von der Beifahrerseite zu nehmen.
Für diese ca. 20 Sekunden musste ich zwangsweise auf dem Radweg stehen, weil dieser direkt rechts neben dem Parkstreifen verläuft. Prompt kam in diesem Moment ein Aggro-E-Biker von hinten angerast und brüllte mir im Vorbeisausen zu: „HIER IST RADWEG!“ Hinterhergerufen habe ich ihm ein „Tut mir leid, beim nächsten Mal löse ich mich in Luft auf“, aber das wird er bei seinem Tempo nicht mehr gehört haben.
Ich ärgere mich beim Radeln oft selbst genug über zugeparkte Radwege, gemütliche Plauderrunden mitten auf dem Weg oder quer über den Radweg gespannte Hundeleinen. Was ich aber als Radlerin für mich in Anspruch nehme, muss ich auch Fußgängern zugestehen. Ich selbst möchte, wenn ich zu Fuß gehe, auch nicht ständig achtgeben müssen, dass von hinten ein Gefährt herangesaust kommt, dessen Klingel nur im Ausnahmefall mal betätigt wird und dessen Fahrer von „Schrittgeschwindigkeit“ in einer Fußgängerzone entweder noch nie etwas gehört hat oder sie geflissentlich ignoriert.
Das wohl Wichtigste und wohl der Hauptgrund dafür, wieso die Stadt Unna im Januar dieses Totalradfahrverbot verfügte und die Polizei es immerhin unregelmäßig kontrolliert: Wozu haben Unnas Steuerzahler eigentlich mit 50.000 Euro einen Innenstadt-Radring finanziert, den die Stadt mit 16 Piktogrammen, Fahrbahnumbauten und Parkplatzbeseitigungen aufwendig hergerichtet und medial eifrigst beworben hat? Damit trotzdem weiter durch die Fußgängerzone geradelt und gescootert wird?
An die Grünen, die behaupteten, dass dieser Radring „unzumutbar“ für nächtliches Beradeln sei, weil z. B. dort Laternen fehlen: Liebe Grüne, mein eigenes Fahrrad (ich fahre ein normales ohne Motor) besitzt ein sehr gutes Vorderlicht, das ich einschalten kann. Und an Stadt und Polizei: Bitte unbedingt weiter kontrollieren, vor allem auch mal regelmäßig tagsüber.
- Silvia Rinke
[…] Lesen Sie hierzu auch den Meinungsbeitrag unserer Redaktion […]
Sehr geehrte Frau Rinke,
Sehr gut formuliert. Die Grünen und die CDU sind die Antreiber für die merkwürdigen Vorgänge in Unna
Ich glaube jeder Fußgänger in der Unnaer Fußgängerzone kann von verbalen Attacken von Agro-Radlern berichten. Diese Menschen fahren auch so Auto, ohne Rücksicht auf Verkehrsregeln. Diese Menschen kennen auch keine Geschwindigkeitslimits oder Vorfahrtsregeln für sich. Armes Unna, man kann sich nur fernhalten aus Unna.
Freundlichen Dank, Beate, erlauben Sie mir eine kleine Korrektur: Das komplette Radfahrverbot hat auch die CDU mitbeschlossen. Die Loyalität zum CDU-Bürgermeister wog letztlich wohl doch schwerer als die zum grünen Abstimmungspartner. MfG S. Rinke
Auch ich kann dieses Verbot nur begrüßen.
Leider gibt es immer noch Radfahrexperten, die das nicht mitbekommen haben oder verstehen wollen, es sind zwar nur noch wenige, aber auch die sind ein Risiko.
Seit ich einen Rollator nutzen muss, ist zumindest der Überraschungsmoment, wenn Radfahrer von hinten kommen, deutlich gemindert.
Auch ich begrüße die Kontrollen der Polizei, aber diese sollten auch für wichtige Kreuzungen am Verkehrsring gelten.
Was man, meist an der Kreuzung Morgenstraße- Ostring erlebt, ist schon extrem.
In Zeiten, in denen man alles im WWW nachlesen kann, sollte man erwarten, dass auch Radfahrer und Scooterfahrer sich über Verkehrsregeln informieren.