„Schritttempo fährt so gut wie niemand“ – Radeln in Unnas Fußgängerzone ab 13. 1. verboten

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Fahrräder - und E-Scooter - müssen künftig auch nach 19 Uhr entweder draußen bleiben (vor der Fußgängerzone) oder geschoben werden. (Foto RB)

+++ UPDATE am 8. 1. 25: +++

Radfahren in der Fußgängerzone Unna ist ab dem 13. Januar verboten.

Der Ratsbeschluss zum Radfahrverbot in der Unnaer Fußgängerzone wird durch die Stadtverwaltung nunmehr umgesetzt, kündigte das Rathaus am Dienstagmorgen an, 8. Januar.

„Im Laufe dieser Woche wird die Beschilderung an den Zugängen zur Fußgängerzone entsprechend angepasst. Ab Montag, 13. Januar, gilt dann ausnahmslos: Das Radfahren im Bereich der Fußgängerzone ist verboten.

Die Einhaltung des Verbots wird von der Polizei und dem städtischen Ordnungsdienst kontrolliert“,

kündigt die Stadt an.

Das Verbot umfasst auch E-Scooter.

Bislang war die Unnaer Fußgängerzone von 19 Uhr bis 9 Uhr für Fahrradfahrer freigegeben. „Da sich in der Vergangenheit die Beschwerden über unangepasste Geschwindigkeiten und daraus resultierende gefährliche Situationen zwischen Radfahrern und Fußgängern gehäuft hatten, sprach sich die Stadtverwaltung zuständigkeitshalber für ein komplettes Verbot aus“, erinnert die Stadtverwaltung.

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„Es geht darum“, betonte der Bürgermeister, „dass sich so gut wie niemand an die vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit hält.“

Einigermaßen überraschend hatte sich in der letzten Ratssitzung dieses Jahres am Donnerstagabend, 12. Dezember, das von der Stadtverwaltung Unna vorgeschlagene Totalverbot für Rad- und E-Scooter-Fahren in der Fußgängerzone durchgesetzt.

Ein Antrag der FDP, die Regelung wie bisher zu belassen und das Radfahren abends und nachts (zwischen 19 und 9 Uhr) zu erlauben, wurde mehrheitlich abgelehnt.

Hatte sich zuvor lediglich die Ratsfraktion „Wir für Unna“ (WfU) öffentlich für das von der Stadt initiierte Rund-um-die-Uhr-Verbot ausgesprochen, so stimmten in der Ratssitzung auch die Vertreter der SPD sowie der CDU für eine kompromisslose Sperrung der Bummelzone für Radler und E-Scooter-Fahrer.

Grüne und FDP unterlagen mit 14 Stimmen.

Was die Grüne Vizebürgermeisterin Simone Hackenberg am Schluss des öffentlichen Sitzungsteils zu der ärgerlich-provokanten Anfrage an den Bürgermeister trieb, wann er denn gedenke, die Schilder „Fahrradfreundliche Stadt Unna“ an den Einfallstraßen abzumontieren.

Dirk Wigant (CDU) erwiderte nüchtern, dass eine fahrradattraktive Stadt nach seiner Ansicht nicht von nächtlichem Durchradeln der Fußgängerzone abhänge.

Die Grünen glauben das hingegen sehr wohl.

Für Ratsfrau Gudrun Bürhaus ist der Innenstadtradring – für 50.000 Euro eingerichtet, damit Radfahrer gerade nicht quer durch die Fußgängerzone radeln müssen bzw. sollen – „ein Stück aus dem Tollhaus“, schon deshalb, weil dieser mit 16 Piktogrammen markierte „Umgehungsstraße“ komplett unbeleuchtet sei.

Darauf hob zuvor auch Fraktionschefin Claudia Keuchel ab, die aus dem Argument der Dunkelheit eine erhöhte Gefahr gerade für weibliche Radfahrer ableitete.

Das Hauptargument der Befürworter eines vollständigen Radfahrverbots – es müsse einfach klar sein, dass eine Fußgängerzone grundsätzlich für Fußgänger gedacht sei -, gaukele eine „Scheinsicherheit“ vor, kritisierte Claudia Keuchel. Ihre Forderung, (viel) mehr das bestehende Verbot durchs Ordnungsamt zu kontrollieren, stieß hingegen auf Zustimmung auch bei den anderen Fraktionen.

Auch ein Totalverbot nütze herzlich wenig, wenn es nicht konsequent kontrolliert werde und auf Verstöße keine Sanktionen folgten, betonte auch SPD-Fraktionsvorsitzender Sebastian Laaser.

Wobei sich Laaser allerdings auch einmal deutliche Kritik an den Online-Umfrage der Stadt erlaubte.

Diese Umfrage „Soll Radfahren in der Fußgängerzone weiterhin von 19 bis 9 Uhr erlaubt bleiben?“, die die Verwaltung auf ihre Website gestellt hatte, war nach der Abstimmung zum „Reallabor Schulstraße“ (Parkplatz oder Park?) bereits die zweite digitale Meinungseinholung von Wigants Verwaltung, bei der man beliebig oft abstimmen konnte.

Aufgefallen war das zuerst unserer Redaktion.

Dirk Wigant wiederholte auf Laasers Kritik am Donnerstagabend das Argument, das er auch bereits dem Rundblick hatte übermitteln lassen: Mehrfachabstimmungen seien „eingepreist“ gewesen.

Es sei bei dieser Umfrage lediglich darum gegangen, ein unverbindliches Stimmungsbild einzuholen. „Einen Testballon“ habe man starten wollen, so der Bürgermeister in der Ratssitzung.

Ein solches Vorgehen sei nicht optimal, widersprach der SPD-Fraktionschef, im neuen Jahr müsse das anders laufen mit solchen Umfragen. „Sonst können wir es gleich lassen.“

Besagte Online-Umfrage endete mit rund 60 Prozent Zustimmung für ein Totalverbot und ähnelte damit dem Stimmungsbild der Rundblick-Leserschaft in Kommentaren auf der Website und auf Facebook.

Dirk Wigants eigene Parteifreunde von der CDU-Fraktion scherten mit ihrem Votum übrigens aus ihrer eingeschworenen Abstimmungspartnerschaft mit den Grünen aus und verzichteten auf jedwede Wortmeldung zum Thema.

6 KOMMENTARE

  1. Hat der Bürgermeister sich doch einmal daran erinnert, was er ursprünglich einmal zugesagt hatte und mit wieviel Prozent seine Partei vor den Grünen lag?
    Die Begründung der grünen, dass der Radring ja nicht beleuchtet sei, ist ja auch nicht ganz richtig. wenn man diesen aber nur im hellen befährt, dann fällt so etwas ja nicht auf, außerdem hat jeder Radfahrer ja wohl dafür zu sorgen, dass er Licht am Rad hat.
    Jetzt merkt Herr Wigant wohl, dass die grünen nach der nächsten Kommunalwahl nicht mehr viel zu sagen haben und er der Bürgermeister ist.
    Ich begrüße die Entscheidung des Rates sehr, jetzt sollte nur dafür gesorgt werden, dass hier auch Kontrollen durchgeführt werden.

  2. Reden wir doch einmal Klartext. Diese „Bürgerbeteiligung“ vor der Entscheidung war „Mega-Verarsche“. Jeder konnte beliebig oft abstimmen. Aber das war ja „eingepreist“. Nach welcher Formel denn?? Einfach Unsinn!! Und dann die Argumentation nach dem Motto: „Was nicht passt wird passend gemacht.“ Alle „schrecklichen“ Vorkommnisse (undokumentiert) in einen Topf, gepaart mit „Expertenmeinungen“. Ich bin mal auf die Durchsetzung des Verbotes gespannt. Die Rüpel von gestern werden sich auch in Zukunft nicht von leeren Überwachungsversprechungen am Befahren der Fuzo abhalten lassen.

  3. Boh! Grandios, Unna! Radfahrer nachts raus aus der FuZo, ein Problem weniger….wir haben ja in Unna sonst keine. Klare Kante gegen nächtliches Radfahren in der Fussgängerzone. Wie „Herbert“ schon sagt: das eigentliche Problem, die Rüpelradler und Rollerfahrer in der FuZo tagsüber zu stoppen, wird dadurch NICHT gelöst. Also alles nur ein Ablenkungsmanöver?

  4. Zurecht hat die Stadt Unna den Namen Wesselstadt…
    Der Fahrrad-Ring ist über , schön das berufstätige morgens jetzt Umwege fahren müssen

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