Unfall mit schwer verletztem Reh am Schattweg: Zeugin betroffen und zornig über Verhalten der Polizisten

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Reh auf einer Waldlichtung - Foto von Andreas Lainka

„Diese ganze Situation beschäftigt mich sehr, und ich denke auch, dass es von öffentlichen Interesse wäre.“

Mit dieser Bemerkung wandte sich am Mittwoch, 24. April, per Mail eine Leserin an unsere Redaktion. Sie war am Vorabend Zeugin eines Unfalls an der Stadtgrenze zwischen Unna und Kamen geworden.

„Gestern Abend ereignete sich ein Wildunfall im Schattweg in Kamen, kurz nach der Avia in Richtung des Industriegebiets. Hierbei erfasste ein schwarzer VW ein Reh“, berichtet die Zeugin.

„Das Reh lag zappelnd auf der Straße, weswegen wir halfen, die Unfallstelle zu sichern und das Tier fixierten, um auf die Polizei zu warten.

Nach gefühlsmäßig langem Warten auf die Polizei traf diese ein.

Da die Unfallverursacher schlecht Deutsch sprachen, erklärte ich den Beamten, dass das Reh versuchte wegzulaufen, aber zu verletzt wäre und erlöst werden müsste.

Den genauen Wortlaut des Polizisten, der mir antwortete, weiß ich nicht mehr. Jedoch war er der Meinung, man sollte das Reh laufen lassen, da er es hier nicht erschießen könnte.

Ich wies ihn darauf hin, dass das Tierquälerei wäre. Er wiederholte, dass man es hier nicht erschießen könnte.“

Die Unfallzeugin unterstreicht:

„Ich möchte an dieser Stelle ergänzen, dass im Rahmen des Tierschutzgesetzes (Paragraph 37 Abs. 1 TschG) eine Verpflichtung für Organe der Behörde besteht, für eine schmerzlose Tötung zu sorgen, wenn das Weiterleben des Tieres mit Qualen verbunden ist.“

Eine andere Unfallzeugin, die mit ihm zusammen das Reh hielt, habe vorgeschlagen, es gemeinsam auf den Wiesenstreifen zu tragen, damit die Polizisten es dort erlösen konnten.

„Wir Frauen trugen das Reh dorthin. Eine Bereitschaft der Polizei, uns dabei zu helfen, gab es ebenfalls nicht.

Wir wurden daraufhin weggeschickt, damit wir die Tötung nicht mit ansehen mussten.

Die Polizisten sahen offensichtlich, dass das Reh am Leben war, und spielten trotzdem an seinem Ohr herum, offenbar um eine Reaktion zu provozieren. Nachdem sie noch miteinander gesprochen hatten und sich dann geeinigt haben, wer es erschießt, haben sie das Tier endlich erlöst.“

Die Zeugin findet die Bemerkungen und das Verhalten der Polizisten im Sinne des Tierschutzgesetzes „sehr verwerflich“. Sie rief am nächsten Morgen (Mittwoch) selbst bei der Kreispolizeibehörde an, um ihren Unmut dort zu reflektieren.

„Leider war die Reaktion sehr trocken: ,Es ist natürlich schade, sollte es so gelaufen sein, aber ich kann da nichts machen´“.

Auf Nachfrage unserer Redaktion bei der Pressestelle der Kreispolizei Unna schrieb uns Pressechef Bernd Pentrop:

Der Einsatz ist bei der Polizei um 21.34 Uhr gemeldet worden. Ein Einsatzmittel ist um 21.46 Uhr an der Unfallstelle eingetroffen.

Das Wild wurde durch die Polizei erlöst. Zum weiteren Hergang kann ich zum jetzigen Zeitpunkt keine Auskunft geben.

Grundsätzlich verständigt die Polizei den zuständigen Jagdausübungsberechtigten, der das Tier erlegt. Sollte dieser nicht zeitnah erscheinen / nicht erreichbar sein, wird die Polizei andere Lösungen (auch erschießen wie in diesem Fall) finden.

Unproblematisch ist es nicht, wenn das Tier in einem Bereich liegt, der nach möglichem Austritt des Projektils aus dem Tier für Querschläger sorgen kann. Da könnte ein waidmännisches „Erlösen“ mit Messer sicherer sein, bedarf aber des Jagdausübungsberechtigten.“

Und Polizeisprecherin Nadine Richter ergänzt:

„Bei der Situation mit dem tödlich verletzten Reh wird es sich um ein unschönes, vielleicht sogar traumatisches Erlebnis für die Beteiligten gehandelt haben.

Aus polizeilicher Sicht müssen aber trotzdem diverse Regeln für den Schusswaffengebrauch gegen ein Tier beachtet werden.

Das Einhalten dieser Regeln mag auf die Beteiligten unsensibel oder unangebracht erscheinen, war jedoch trotzdem in diesem Fall geboten und erforderlich, auch wenn das zu wenigen Minuten Zeitverzug geführt haben mag.“

3 KOMMENTARE

  1. Auch ich habe so eine Situation schon erlebt, dass ein Reh verletzt am Straßenrand liegt.
    Wir haben an der Hohensyburg lange gewartet, bis die Polizei eintraf.
    Man sollte in so einer Situation aber auch Verständniss, für die Beamten haben.
    Im Gegensatz zu manchen Filmen, schießen diese nicht ständig in der Gegend rum.
    Auch die Beamten tun sich schwer damit, auf ein Lebewesen zu schießen.
    In meinem Fall haben wir den Jagtausübenden versucht zu erreichen, dieser war aber erst nach über einer Stunde vor Ort.
    Da den Polizisten das Tier auch leid tat, haben die beiden das Tier einen Weg hinuntergebracht und dort, nach Prüfung der Örtlichkeiten das Tier erlöst, bevor der Jäger eintraf.
    Da meine Frau und ich im Tierschutz tätig waren, konnten wir auch nachvollziehen, wie sich die Beamten gefühlt haben müssen. Wir mussten uns auch schon mehrfach von Tieren verabschieden um ihnen weiteres Leid zu ersparen.
    Der gebrauch einer Waffe sieht im TV immer so einfach aus aber Polizisten können ihre Gefühle auch nicht abstellen, vor allem, wenn diese bisher nur auf Zielscheiben geschossen haben.
    Ich kann auch nachvollziehen, warum die Beamten das Tier nicht selber zur Seite geschafft haben, es handelt sich um ein Wildtier, und diese sind oft von Krankheiten befallen,
    wenn die Beamten anschließend ihren Dienst fortsetzen und keine Vernünftige Möglichkeit haben ihre Handschuhe und die Kleidung zu desinfizieren, ist auch das nachvollziehbar.

  2. Man tut das sehr verletzte Tier nicht aus Lust am Töten umbringen. Durch solche Unfälle ist dem Tier nur Qualen durch die Verletzungen ausgesetzt und dies sollte man sich nicht ansehen und erleben.Das Reh wird auch in einem Feld oder anderswo dann verenden.Dann sollten Polizisten das Recht bekommen, dann ein zu schreiten,um das Tier den Qualen zu erlösen und auch Töten dürfen.Da sollte man doch im Recht was ändern.

    • Das Recht ist ja vorhanden.
      Aber die Polizei führt kein Jagdgewehr mit sich und ist i.d.R. auch nicht im Besitz eines Jagdscheines. Ein Jäger weiß, wie er wo mit Schuß an welcher Stelle oder auch mit dem Messer abnicken, ein Tier erlösen könnte, das hat er für den Jagdschein gelernt.
      Der Polizist steht dann mit seiner 9mm und Hohlspitzmunition da, muß nun erstmal die Umgebung beurteilen und sich überlegen, an welcher Stelle beim Tier überhaupt mit der vorhandenen Waffe und Munition eine entsprechende Wirkung zu erzielen ist und nicht ggf. das Tier noch mehr leidet oder durch Querschläger der Munition oder Knochensplitter dann noch Umstehende oder er selbst verletzt werden könnten.
      Unter diesen Umständen ist die Vorgehensweise, erst zu versuchen, den Jagdausübungsberechtigten zu kontaktieren, durchaus in Ordnung.

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