Es fehlt an Ehrenamtlern, an Gerätschaften/Fahrzeugen und an modernen, zeitgemäß ausgestatteten Feuerwehrhäusern:
Bei der Feuerwehr Unna herrscht akuter Handlungsbedarf.
Das geht aus der 3. Fortschreibung des Brandschutzbedarfsplans hervor, der am Dienstag (28. März) in Ausschuss für Feuerschutz, Sicherheit und Ordnung (FSO) umfassend vorgestellt und diskutiert wurde.
Der zuständige Brandschutzbeauftragte, Bödecker, machte gegenüber der Politik klar, was mittel- bis kurzfristig unumgänglich ist.
Zweite Drehleiter nötig
Die Unnaer Feuerwehr benötigt laut Bödecker zwingend eine zweite Drehleiter. Es sei keine dauerhafte Option und „kein realistischer Ansatz“, im akuten Fall auf die Unterstützung der Nachbarstädte zu setzen. So verfügt Lünen als größte Stadt im Kreis zwar über drei Drehleitern, davon seien aber zwei taktisch eingeplant.
„Wir müssen in Unna eine zweite Drehleiter vorhalten“, machte der Brandschutzbeauftragte klar.
Das Problem: Die Hersteller haben nicht mehr genügend Reservedrehleitern vorrätig.
„Viele Reservedrehleitern sind bei der Flutkatastrophe 2021 ins Ahrtal oder nach dem Kriegsausbruch in die Ukraine gegangen. Der Markt ist inzwischen extrem eingeschränkt.“
Ausschussvorsitzender Bernhard Albers (CDU) bestätigte nachdenklich: „Es hat sich vieles verändert.“ Möglicherweise könne man eine gebrauchte Drehleiter bekommen, „so dass wir etwas kostengünstiger einsteigen.“ Klar sei jedoch, dass diese Investition getätigt werden müsse.
Dann ging es um die Standorte. Es ergibt sich ein teils desolates Bild.
Bei der Überprüfung der Hauptwache und der Gerätehäuser der Feuerwehr Unna monierte der Gutachter laut Brandschutzbedarfsplan „mitunter erhebliche bauliche und organisatorische Defizite“: So wurden
„…. an 8 von 14 Feuerwehrhäusern dringende Handlungsbedarfe festgestellt. An den verbleibenden 6 Häusern sind ebenfalls Handlungsbedarfe gegeben. Aktuell entspricht kein Feuerwehrhaus der Kreisstadt Unna den rechtlichen Vorgaben.“
Hier sei erwähnt, fährt der Gutachter fort, dass die Anforderungen an Feuerwehrhäuser in den letzten Jahren stark gestiegen sind.
Gleichwohl muss die Feuerwehr gemeinsam mit der Stadt an dieses Problem ran. Vorgesehen ist im Zuge von Modernisierungen und Neubauten die Zusammenlegung von Standorten. Ein sensibles Thema.
„Wie ist bei der Frage der Zusammenlegung denn die Akzeptanz bei den Ehrenamtlichen?“, wollte CDU-Ratsherr Rainer Engel wissen.
„Wir sind nicht auf Begeisterung gestoßen. Die Gruppen sehen das verhalten“, sagte Feuerwehrchef Olaf Weischenberg. Gleichwohl: „Wir haben keine Duschen, keine Parkplätze, keinerlei moderne Ausstattung. Da muss die Vernunft walten.“ Es werde bei der Standortfrage „Verlierer und Gewinner geben“.
Auszüge aus dem Brandschutzbedarfsplan (HIER).
Standort Florianstraße
Der Gutachter sieht dringenden Handlungsbedarf. Bereits 2018 wurde bei einer Flächenbedarfsanalyse ein Erweiterungsbedarf von 4.750 qm festgestellt. Zwar wurde durch den Ankauf von Containern 2022 die zu geringe Anzahl an Ruhe- und Umkleideräumen tlw. kompensiert, nicht jedoch die fehlenden Lager und Fahrzeugflächen behoben. Auch der Ankauf der Immobilie an der Hubert-Biernat-Straße im Jahre 2022 kann diese Problematik insbesondere bei den Stellflächen für Fahrzeuge nur
teilweise temporär lösen.
Die weitere Entwicklung der Florianstraße sollte daher zeitnah mit dem Kreis Unna abgestimmt werden.Sofern der Kreis Unna weiterhin keine Planungsgrundlagen (eigene Bedarfe) vorbringt, sollte die Kreisstadt Unna im eigenen Interesse entscheiden.
Standorte Ehrenamt
Seitens des Gutachters wird empfohlen, zukunftsorientiert mehrere neue Standorte im Stadtgebiet Unna zu errichten. Diese sollen sicherstellen, dass im Rahmen der Zusammenlegung von Einheiten die Ausrückefähigkeit (Staffel mit HLF 20) langfristig
gesichert wird.
Die neuen Gebäude sollen u.a. ehrenamtliche Einsatzkräfte motivieren, unter modernen Bedingungen ihren Dienst in der Freiwilligen Feuerwehr zeitgemäß versehen zu können.
In folgenden Bereichen sollen nach unterschiedlichen Prioritäten neue Standorte errichtet werden:
- Standort Hemmerde (Neubau oder Erweiterung)
- Standort Nord (Neubau für die Bereiche Alte Heide, Colonie und Königsborn)
- Standort West (Neubau für die Bereiche Massen und Afferde)
- Standort Ost (Neubau für die Bereiche Lünern und Stockum)
- Standort Mitte (Entwicklung Florianstraße).
Fahrzeuge/Gerätetechnik
Aus Sicht des Gutachters ist es erforderlich, eine zweite Drehleiter und ein Tanklöschfahrzeug (TLF 4000) mit 4.000 Liter-Wassertank und ein GW-L1 vorzuhalten.
Für die nächsten 5 Jahre (2023 bis einschl. 2027) stellt der Gutachter einen Bedarf zur notwendigen Fortentwicklung des Fahrzeugbestandes fest. Die Höhe der durchschnittlichen Investition aus dieser Bedarfsfeststellung wird auf 790.000
Euro pro Jahr geschätzt.
Personal
Die Kreisstadt Unna ist als große kreisangehörige Stadt gem. § 10 BHKG dazu verpflichtet, eine ständig besetzte Feuerwache mit hauptamtlichen Kräften mindestens in Gruppenstärke (9 Funktionen) vorzuhalten. Eine Befreiung von dieser Verpflichtung war nur durch eine Ausnahmegenehmigung der Bezirksregierung Arnsberg möglich (Grundlage: § 10 S. 3
BHKG). Diese Ausnahmegenehmigung reduzierte die vorzuhaltenden hauptamtlichen Kräfte auf eine Staffelstärke (6 Funktionen).
Die fehlenden 3 Funktionen sollten durch das Ehrenamt vor Ort (im Schutzziel I) sichergestellt werden. Trotz aller Anstrengungen konnte dieses Ziel nicht erreicht werden.
Im Jahr 2020 wurde aufgrund der mangelnden Zielerreichung die Funktionsstärke um 1 Funktion (5 Stellen) durch Umstrukturierung im Tagesdienst und Neueinstellung (3 Stellen) erhöht. Die Ausnahmegenehmigung endete am 31.12.2022.
Im Rahmen der 3. Fortschreibung des Brandschutzbedarfsplanes wird gutachterlichfestgestellt, dass die Erhöhung der Ausrückestärke der hauptamtlichen Kräfte auf 10Funktionen (24 Std.) anzuheben ist, womit die vorher notwendige Ausnahmegenehmigungmit Umsetzung entbehrlich wird. Bei einem anzusetzenden Personalausfallfaktor von 5,00
entspricht dies einem Mehrbedarf von 15 Stellen im Wachwechseldienst.
In dem Erläuterungsgespräch mit der Bezirksregierung teilte diese mit, bei Konkretisierungder personellen Maßnahmen (Durchführung eines eigenen Grundlehrganges für Berufsbrandmeister in Kooperation mit der Stadt Lünen, Beginn Oktober 2023 bis April 2025)die Ausnahmegenehmigung bis April 2025 letztmalig zu verlängern.
Die finanziellen Auswirkungen hierfür belaufen sich auf ca. 1,18 Mio jährlich.
Grundsätzliche Sicherstellung
Im Rahmen der Auswertung der Einsatzberichte wurde festgestellt, dass keine der ehrenamtlichen Löschgruppen sicherstellen kann, dass innerhalb von 5 Minuten ein Löschgruppenfahrzeug mindestens in Staffelstärke ausrückt.
Vor diesem Hintergrund ist seitens der Hauptwache im innerstädtischen Bereich die erste Eintreffzeit mit 10 Funktionen eigenständig sicherzustellen. Die zweite Eintreffzeit mit 6 zusätzlichen Funktionen deckt das Ehrenamt ab.
Im ländlichen Bereich ist die erste Eintreffzeit im Planungsziel durch die örtliche Einheit mit 6 Funktionen sicherzustellen. In der
zweiten Eintreffzeit verstärkt die Hauptwache um weitere 10 Funktionen.
Kompensation durch Tagesdienst
Um die mangelnde Verfügbarkeit ehrenamtlicher Kräfte Montag bis Donnerstag 08:00 bis 16:00 Uhr und Freitag 08:00 bis 12:00 Uhr kompensieren zu können, soll der Tagesdienst der Feuer- und Rettungswache der Kreisstadt Unna ein zusätzliches HLF 20 besetzen. Dieses soll bei relevantem Einsatzgeschehen direkt mit ausrücken oder je nach Lage einen zweiten duplizitären Einsatz abdecken.
Zusammenfassung der voraussichtlichen finanziellen Aufwendungen:
Aufwendungen für Personal:
für 15 zusätzliche Stellen im Wachwechseldienst 1.180.000,- Euro p.a.
Einrichtung D – Dienst 25.000,- Euro p.a.
Auszahlungen für Investitionen Fahrzeugefür die Jahre 2023-2027: 3.950.000,- Euro
Auszahlungen für Investitionen Gerätetechnikfür die Jahre 2023-2027: 1.120.000,- Euro
Auszahlungen für Investitionen Ausstattung
Hygienekonzept 2023/2024, ab 2024 konsumtive Ausgaben 100.000,- Euro
Aufwendungen für einmalige Einkleidung
EA in 2023; ab 2024 konsumtive Ausgaben 44.000,- Euro
Aufwendungen Ehrentag: 15.000,- Euro p.a.
Der Brandschutzbedarfsplan (3. Fortschreibung) wurde den Löschgruppen der Kreisstadt Unna am 06. und 07.03.2023 vorgestellt. Die Maßnahmen wurden erläutert und diskutiert. Eine allgemeine Akzeptanz wurde festgestellt. Im Rahmen der Umsetzung der baulichen Maßnahmen (neue Standorte) wurde vereinbart, frühzeitig Arbeitsgruppen einzusetzen.
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