Wer ohne „berechtigtes Interesse“ in der Öffentlichkeit bestimmte Waffen mit sich herumträgt, muss mit einer Anzeige rechnen. So passierte es am Freitagabend (24. Februar) zwei 17-Jährige in den Hauptbahnhöfen Dortmund und Recklinghausen. Einer hatte außerdem Drogen dabei.
Im Bahnhofsgebäude Recklinghausen fiel am Samstagnachmittag ein Jugendlicher zwei Bundespolizisten aus einem simplen Grund auf: Er rauchte. Das ist in Bahnhöfen verboten.
Die Beamten forderten ihn auf, die Zigarette unverzüglich auszudrücken. Auf ihre Nachfrage nach gefährlichen oder verbotenen Gegenständen händigte ihnen der 17-Jährige ein Einhandmesser aus.
Einen Nachweis über ein berechtigtes Interesse konnte der junge Mann aus Aserbaidschan nicht vorbringen. Es war ihm offenbar gar nicht bewussst, dass für solche Waffen in Deutschland ein berechtigtes Interesse bewiesen werden muss.
Ganz ähnlich verhielt es sich bei einem zweiten 17-Jährigen, den eine Bundespolizeistreife abends gegen 22.20 Uhr im Hauptbahnhof Dortmund kontrollierte: Dieser junge Mann weckte das Misstrauen der Beamten, weil er bei ihrem Anblick eilig mit seinem Begleiter die Laufrichtung änderte. Die Beamten rochen zudem Marihuana.
Bei der Kontrolle räumte der junge Syrer ein, dass in seiner Hosentasche ein Verschlusstütchen mit Marihuana und ein „Grinder“ steckte: Das ist um eine Kräutermühle, die zum Zerkleinern der pflanzlichen Droge genutzt wird.
Zudem hatte der in Dortmund gemeldete 17-Jährige ein Tierabwehrspray dabei – und ebenfalls ein Einhandmesser. Ein berechtigtes Interesse nachzuweisen gelang auch ihm nicht, weshalb sich nun beide jungen Männer wegen Verstößen gegen das Waffengesetz bzw. das Betäubungsmittelgesetz verantworten müssen.
Einhandmesser
Bei einem Einhandmesser handelt sich um ein Messer, das mittels einer an der Klinge angebrachten Öffnungshilfe mit einer Hand binnen Sekunden geöffnet und je nach Verschlussmechanismus auch wieder einhändig geschlossen werden kann.
Deutsches Waffengesetz für Messer: Transport von Messern
Das Waffengesetz Messer verbietet unter anderem Faustmesser, Balisong und Springmesser mit Klingenlängen oberhalb von 8,5 Zentimetern.
Laut §42 Absatz 2 WaffG ist der Transport eines Einhandmessers oder Fixed mit einer Klingenlänge über 12 cm nur in einem verschlossenen Behältnis erlaubt.
Was allerdings ein verschlossenes Behältnis im Sinn der Waffenrechts Messer ist, definiert der Gesetzgeber nicht. Ein Gericht hat geurteilt, dass ein durch Reißverschluss geschlossener Rucksack ein verschlossenes Behältnis darstellt. Ein anderesGericht am vertrat die Auffassung, dass ein abschließbares Schloss vorhanden sein müsse.
„Messerbesitzer schweben also zwischen Baum und Borke, solange Gerichte vergleichbare Sachverhalte völlig unterschiedlich beurteilen“, heißt es in einem Fachblog zum Thema.
Berechtigtes Interesse
Der aus Juristensicht widersprüchlichste Abschnitt des §42 WaffG findet sich in Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3. Dort heißt es sinngemäß, dass die oben erwähnten Einhandmesser und Fixed mit Klingenlängen über 12 Zentimeter mitgeführt werden dürfen, wenn ein „berechtigtes Interesse“ vorliegt.
Ein berechtigtes Interesse kann vorliegen, wenn das Führen der Gegenstände im Zusammenhang mit der Berufsausübung erfolgt oder der Brauchtumspflege, dem Sport oder einem anderen allgemein anerkannten Zweck dient.
Das „berechtigte Interesse“ kann alles oder nichts bedeuten. Rechtssicherheit gibt es keine, da das „berechtigte Interesse“ nirgendwo definiert ist.
In der Praxis liegt die Entscheidung also allein beim kontrollierenden Behördenvertreter. Es obliegt allein seinem persönlichen Ermessen, ob er ein berechtigtes Interesse erkennen möchte oder nicht.
Die Frage ist dabei nicht, ob jemand beruflich mit Messern zu tun hat, sei es als Messermacher, Metzger, Koch oder Journalist, sondern ob in der gegebenen Situation die Berufsausübung das Mitführen eines Einhandmessers oder großen Fixed notwendig macht. Das dürfte praktisch sehr selten der Fall sein.
Grundsätzlich gilt:
Einhandmesser und große Fixed müssen immer Zuhause bleiben, kein Messer darf mitgeführt werden, wenn man eine öffentliche Veranstaltung besucht.
Also „Brauchtumspflege“ sollte doch bei unseren Buben aus dem Orient pauschal als berechtigtes Interesse anerkannt werden, was auch dazu führen würde, daß die Biodeutschen gar nicht erst auf die Idee kommen dürften, ein Obstmesser mit sich zu führen oder unterwegs Küchenbesteck bei Karstadt zu kaufen, denn das wäre ja „kulturelle Aneignung“…
@Ludwig Fun:
Dann dürfte ich als Westfale dann ja auch ständig ein 30-40cm langes Sax mitführen. Abgemacht. 😉