Gut integriert, in Arbeit – trotzdem Abschiebung? NRW schafft „modernstes Integrationsrecht Deutschlands“

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Archivbild Integration, Interkulturelles Fest in Unna - Quelle S. Rinke

Gut integrierte Menschen mit festem Arbeitsplatz und guten Sprachkenntnissen müssen jahrelang vor der Abschiebung zittern (und werden dann auch abgeschoben), hingegen darf der Intensivkriminelle mit multiplen Identitäten und Verachtung für den deutschen Staat Jahr um Jahr alimentiert in Deutschland bleiben?

Diese Schieflage will das Land NRW korrigieren. Es richtet seine Integrations- und Mitgrationspolitik neu aus. Dazu zählen auch finanzielle Sonderhilfen für die Kommunen.

Das Landeskabinett hat die Novellierung zweier zentraler Gesetze der Integrations- und Migrationspolitik beschlossen. Mit den Reform des Teilhabe- und Integrationsgesetzes und des Flüchtlingsaufnahmegesetzes „schaffen wir das modernste Integrationsrecht Deutschlands“, kündigte Familien- und Integrationsminister Dr. Joachim Stamp (FDP) am Dienstag, 15. Juni, vor der Presse in Düsseldorf an.

Eine verbindlichere Integrationspolitik soll die Potenziale der Menschen, die dauerhaft in NRW bleiben, zielgenauer fördern. Zugleich sollen durch ein verbessertes Rückführungsmanagement Menschen ohne Bleibeperspektive konsequent zurückgeführt werden.

„Wir wollen auch in Zukunft ein weltoffenes Land sein, das Chancen für Menschen mit Einwanderungsgeschichte ermöglicht. Wir schaffen jetzt klare Strukturen, transparente Förderbedingungen und Verlässlichkeit“, kündigte Stamp an.

Dazu wird die integrationspolitische Infrastruktur rechtlich abgesichert und mit mindestens 130 Millionen Euro jährlich unterlegt.

Reform des Teilhabe- und Integrationsgesetzes:

Es schafft langfristig Planungssicherheit für die kommunalen Integrationsstellen, Integrationsagenturen der Freien Wohlfahrtspflege und die Servicestellen zur Antidiskriminierung.

  • Alle lokalen Akteure werden systematisch vernetzt.
  • Ein bundesweit einzigartiges Fallmanagement soll ermöglicht werden.
  • Das Flüchtlings- und Integrationsministerium stärkt die Ausländerbehörden und erreicht mit ihnen gemeinsam einen „Mentalitätswandel“.
NRW-Familienminister Joachim Stamp

„Gut integrierte Geduldete bekommen bei uns bessere Bleibeperspektiven als in nahezu allen anderen Bundesländern. Wir sorgen für mehr Teilhabe, mehr Integration und mehr Chancengerechtigkeit. Ankommen, Teilhaben, Gestalten. Gleichzeitig werden Integrationsverweigerer oder straffällig gewordene Migranten konsequent abgeschoben.“

(Integrationsminister Joachim Stamp)

  • Um jeder Form von Diskriminierung und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entgegenzuwirken, ist bei den obersten Landesbehörden ein Beschwerdemanagement für Betroffene“ vorgesehen.“
  • Verbunden sei damit der „Auftrag zur aktiven Gestaltung von Integration und zur Stärkung des Zusammenhalts“: Dies, so Stamp, auch vor dem Hintergrund wachsenden Antisemitismus und Ressentiments, „von denen auch muslimische Menschen betroffen sind.“

Teilhabehürden weiter abbauen – Mehrsprachigkeit als wertvolles Potenzial:

Der Zugang zu Bildung, Sprachkursen, Ausbildung und Arbeit soll durch die neue Gesetzgebung vereinfacht werden. Dazu, sagte Stamp, werde z. B. Mehrsprachigkeit bei der Frage des dauerhaften Bleiberechts ausdrücklich als „wertvolles Potenzial“ anerkannt.

Die Kreise und kreisfreien Städte erhalten eine „bundesweit einzigartige Integrationsinfrastruktur“, so Stamp: Migrations- und Integrationsprozesse können vor Ort „von der Einreise bis zur Einbürgerung“ zusammengeführt werden.

Reform des Flüchtlingsaufnahmegesetzes (FlüAG):

Durch eine verbindlichere Flüchtlingspolitik will die Landesregierung die Anzahl der Geduldeten reduzieren, möglichst um die Hälfte, so Stamp. Er nannte auf Nachfrage von Pressevertretern die Zahl von derzeit rund 60.000 Geduldeten in NRW. Um diese Zahl zu halbieren, brauche es ein „effizientes Rückkehrmanagement“, aber auch die Umsetzung der Erlasse, die gut integrierten Geduldeten dauerhaften Aufenthalt ermöglichen.

Verändertes Finanzierungskonzept für die Kommunen:

  • Rückwirkend zum 1. Januar 2021 wird eine differenzierte monatliche FlüAG-Pauschale eingeführt.
  • Statt der bislang für alle Kommunen einheitlichen Pauschale von 866 Euro monatlich pro Person erhalten kreisangehörige Gemeinden 875 Euro pro Monat pro Person und kreisfreie Städte 1.125 Euro pro Monat pro Person.
  • Auf ein Jahr gerechnet ergibt sich für kreisangehörige Gemeinden pro Person eine Pauschale von 10.500 Euro und für kreisfreie Städte in Höhe von 13.500 Euro.
  • Für jede Person, die nach dem 31. 12. 2020 vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist oder wird, bekommt die Kommune einmalig 12.000 Euro. – Zum Vergleich: Derzeit erhalten sie noch maximal drei Monatspauschalen zu 866 Euro, das sind 2.598 Euro.
  • Mit Einmalzahlungen beteiligt sich das Land ferner an den Ausgaben der Kommunen für die Personen, denen bis zum 31. 12. 2020 eine Duldung erteilt worden ist. Hierfür sind 2021 und 2022 jeweils 175 Mio., 2023 und 2024 jeweils 100 Mio. Euro vorgesehen.

Fragen aus der Pressekonferenz

Wie sollen konsequente Rückführungen praktisch vonstatten gehen?

Stamp: Die Überführung in die Abschiebehaft in Büren, momentan problematisch für viele Kommunen, unterstützen jetzt die Landesbehörden durch Hilfe beim Transport. Die Kooperation klappe schon gut, „allerdings waren die Ausländerbehörden in den vergangenen Monaten wegen der Pandemie stark eingeschränkt.“

Was soll die Einmalpauschale von 12.000 Euro bewirken, die Kommunen für ausreisepflichtige Asylbewerber bekommen?

Stamp: Die Pauschale wird voll ausgezahlt, unabhängig davon, wie lange die Person im Land bleibt. Sie soll für die Kommunen ein Anreiz sein, schnell für Rückführung oder aber dauerhaftes Bleiberecht zu sorgen.

Was ist, wenn die Herkunftsländer nicht mitspielen?

Das sei momentan noch ein Problem, nickte Stamp. „Herkunftsländer verweigern oftmals Rückflüge und Chartermaßnahmen.“ Er nannte als Beispiel Geflüchtete ohne Bleiberecht aus Guinea: „Nach den aktuellen Rahmenbedingungen brauchen wir 10 Jahre, um alle zurückzuführen.“ Nötig seien klare Migrationsabkommen, und man müsse „etwas stärker noch die Perspektive in den Herkunftsländern in den Blick nehmen“.

Wie viele Geduldete leben derzeit in NRW?

Etwas über 60.000, sagte der Minister. Auf die erwünschte Halbierung der Zahl zu kommen „wird noch ein Stück andauern“, da immer noch Menschen „aus der Zeit der sehr großen Bewegung“ (2015) noch in Gerichtsverfahren stecken.

Mindestens genauso wichtig wie die Rückführung ist dem Integrationsminister jedoch der Punkt Teilhabe und Integration:

„Ich bekomme viele Zuschriften von kleinen und mittelständischen Unternehmen und auch der IHKs, die mich dringend bitten, für Zugewanderte in Arbeit und in Ausbildung verlässliche Perspektiven zu schaffen.“

Quellen: Mitschrift aus der Pressekonferenz / Pressemitteilung Land NRW

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