Sind auch in den NRW-Metropolen „Stuttgarter Verhältnisse“ zu befürchten – mit gewalttätigen Ausschreitungen, Plünderungen, Angriffe auf Polizisten? Diese Frage eines Reporters beantwortete NRW-Innenminster Herbert Reul heute (9. 7.) bei einer Pressekonferenz in Düsseldorf mit einem: „Klar, theoretisch ja“ – praktisch nein.
Gewaltexzesse durch eine verharmlosend so bezeichnete „Partyszene“ (es waren vorwiegend junge Männer mit Migrationshintergrund) so wie vor einigen Wochen in Stuttgart könnten, so Reul, „theoretisch jederzeit passieren, am ehesten dort, wo viele Menschen auf einem Fleck zusammen sind wie in Metropolen. Und wenn Alkohol und Unzufriedenheit mit im Spiel sind.“
Für NRW sehe er die Gefahr nicht, betonte der CDU-Minister. Die Polizei sei jederzeit einsatzfähig. „Es ist einfach eine Frage, wie man ordentlich miteinander umgeht und wie man mit Regeln umgeht.“
Sei denn die NRW-Polizei aufgrund ihrer personellen Ausstattung überhaupt in der Lage, gerade in Ballungsgebieten stets die Regeln durchzusetzen, speziell auch die Corona-Abstandsregeln und Kontaktbeschränkungen? Dazu sagte Reul: Ja, und Verstöße würden konsequent geahndet. „Es gibt auch außerhalb von Corona Situationen, in denen sich Ansammlungen von Menschen unflätig verhalten – Stichwort Fußball“, merkte der Minister an.
Im „Pressebriefing“ am Vormittag im Landtag kündigte Herbert Reul gleichwohl den testweisen Einsatz von Tasern an – in ausgewählten Polizeibehörden, darunter auch Dortmund. Im vergangenen Sommer bei einem Besuch auf Einladung der CDU in Lünen hatte Reul den Einsatz von Tasern – Elektroschockern – bei der Polizei NRW noch abgelehnt.
In seinem Überblick über die Gesamtkriminalitätsentwicklung im ersten Halbjahr stellte Herbert Reul fest, dass die Zahl angezeigter Straftaten bei allen Delikten deutlich zurückgegangen sei, vom Taschendiebstahl bis zum Straßenraub. Das sei zu erwarten gewesen, sagte Reul mit Blick auf die Corona-Beschränkungen: „Wenn kein Taxi fährt, kann auch kein Taxifahrer überfallen werden.“
- 365.676 Straftaten wurden angezeigt, 107.000 weniger (- 23 Prozent) als im 1. Halbjahr 2019
- Es gab 30 % weniger Wohnungseinbrüche,
- 26 % weniger Raubstraftaten,
- 11 % weniger Straftaten zum Nachteil von Senioren,
- 21 % weniger Anzeigen wegen häuslicher Gewalt.
Letzteres, so Reul, habe ihn selbst überrascht. Er wage keine Einschätzung, ob hier nicht lediglich Anzeigen unterblieben seien. Im Bereich häuslicher Gewalt habe er einen Anstieg der Fallzahlen befürchtet, „weil die Leute ständig so nah aufeinander hocken“.
- 14.000 Ordnungswidrigkeits- und 912 Strafanzeigen gab es wegen Verstößen gegen die Coronaschutzverordnung (Abstand, Kontaktverbot),
- über 5 Mio. Euro Schaden entstanden durch Betrug im Zusammenhang mit der Corona-Soforthilfe.