Wie Unnas Obdachlosen in der Krise geholfen wird und die Gedanken einer Leserin dazu

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„Was wird jetzt in der Coronakrise aus unseren Obdachlosen?“ Das fragen sich (und uns) in den letzten Tagen zunehmend besorgt Leser aus Unna und dem Kreis. Wir haben es einmal zusammengestellt.

Der Caritasverband, der sich in Unna um die Wohnungslosen kümmert, konnte uns auf Nachfrage eine relativ beruhigende Auskunft geben.

  • Demnach ist die Übernachtungsstelle an der Zechenstraße unverändert geöffnet.
  • Wohnungslose haben weiter die Möglichkeit, sich in der Tagesstätte an der Hansastraße zu duschen, ihre Wäsche zu waschen und etwas zu essen.
  • Gruppenangebote (gemeinsames Kochen, Werken etc.) gibt es nicht mehr.
  • Individuelle Beratungen finden – soweit möglich – telefonisch statt. Klienten tragen dafür beim Türdienst der Tagesstätte Namen und Telefonnummer ein und werden von den Sozialarbeitern angerufen.

„Wie alle anderen auch, vermeiden wir direkte Kontakte und Ansammlungen, halten aber den Betrieb so weit es geht aufrecht“, versicherte Jan Wandschneider für die Caritas Kreis Unna e. V.

NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann stellt angesichts der Corona-Krise ein Notfallpaket für die Akutversorgung Obdachloser bereit. 500.000 Euro aus der Landesinitiative gegen Wohnungslosigkeit „Endlich ein ZUHAUSE!“ stehen zur Verfügung. Das gab das Ministerium am 31. 3. bekannt.

Die freien Träger der Wohnungslosenhilfe können damit Menschen, die auf der Straße leben, mit dem Lebensnotwendigsten wie beispielsweise Lebensmitteln, Essensgutscheinen, Hygieneartikeln oder Kleidung versorgen. Es sei grundsätzlich Aufgabe der Kommunen, wohnungslose Menschen zu versorgen und unterzubringen. „Wir wissen aber, dass in der Coronakrise viele Hilfsangebote oftmals nur eingeschränkt geleistet werden können. Deshalb springen wir jetzt ein.“

Mit der Soforthilfe können die Einrichtungen vor Ort auf die Bedürfnisse und Bedarfe ihrer Klientel reagieren. Wie bei den Kältehilfen werden auch in diesem Notfallpaket die Mittel in einem unbürokratischen Verfahren zügig bewilligt.

Obdachlosenhilfe über das Foodsharing-Projekt – Leserin Melli aus Unna informiert und schildert ihre Gedanken:

„In den letzten Wochen hatte es ja auf der Rundblick-Facebookseite immer wieder die Nachfrage gegeben: Was passiert eigentlich mit den Obdachlosen, wo bekommen sie Lebensmittel her.  Es gab von mir dann den Kommentar: Wir versorgen die Obachlosen über die gespendeten Lebensmittel vom Foodsharing. Ein Foodsharing Kollege hatte dies ja auch bereits erwähnt.

Nur allein mit dem Kommentar sind einige aber nicht wirklich zufrieden. Denn die Frage kommt immer wieder auf. Deshalb hab ich gedacht, ich schreibe euch mal ein bisschen dazu.

Wie oben erwähnt, bin ich Mitglied beim Foodsharing, und diese Lebensmittel lassen wir den Obdachlosen, aber auch den anderen zukommen, die sich an den Verteilern mit aufhalten.

Einige kommen aus der Trinkerszene, einige aus der Drogenszene. Ich meine das überhaupt nicht abwertend gegenüber den Leuten, ganz im Gegenteil.

Diese Leute sind sehr dankbar das wir regelmäßig kommen, auch Kontakt halten unter der Woche. Nicht viele besitzen ein Handy, was eine Kommunikation gerade zu Anfang nicht leicht gemacht hat. Aber wo ein Wille, da ein Weg.

Eine Person hat ein Handy und darüber wird dann mitgeteilt, wann wir da sind. Meistens kommen wir samstags, in Ausnahmefällen aber auch mehrmals die Woche. Die Freude ist immer riesengroß und die Dankbarkeit enorm.

Traurig macht es mich nur das jetzt in der Coronakrise die Leute ans Nachdenken kommen und sich fragen: „Was ist eigentlich mit den Obdachlosen, wer kümmert sich“. Wieso fällt das eigentlich immer ein, wenn es Krisen gibt?? Warum denkt man nicht auch vorher an genau diese Leute?? Sie haben auch alle Hunger und Durst, vor, während oder nach Corona. Diese Leute haben genauso das Recht auf Essen und Trinken wie alle anderen auch. Sie sind auch keine Menschen zweiter Klasse, nur weil es ihnen nicht so gut im Leben ergangen ist wie manch anderen.

Wieso geht man in der Zeit vor Corona an diesen Leuten vorbei, ohne sie eines Blickes zu würdigen, oder wenn man sie anschaut, dann von oben herab. Wer gibt einem das Recht dazu??

JEDER kann ganz schnell und völlig ohne Schuld in die selbige Situation rutschen. Mal darüber nachgedacht, wie man sich selber fühlen würde, wenn man so leben müsste? Wieso bleibt man denn nicht mal stehen und spricht die Leute einfach mal freundlich an und fragt, wo es fehlt ob man irgendwie helfen kann, oder sagt einfach nur freundlich Hallo?

Sie tun keinem was und haben auch nix Ekelhaftes an sich. Ihr sollt sie nicht umarmen oder knutschen, aber einfach mal ein bisschen mehr Mitgefühl und Menschlichkeit zeigen.

Ich finde es natürlich toll, dass man sich Gedanken über die Obdachlosen macht, gar keine Frage. ABER das hätte man wie gesagt auch schon vor Corona tun sollen.

Wir haben mit dem Lebensmittel „fairteilen“ an diese Leute schon weit vor Corona angefangen. Jeden Samstag zwischen 11 und 12 Uhr ist Ausgabe zwischen der Coen-Apotheke und der Kirche. Und wenn man sieht, was sich die Leute freuen, dann weiß man, man hat alles richtig gemacht.

Uns schlägt aber auch viel Unverständnis entgegen, und wir sind schon manches Mal angepöbelt worden deswegen. Aber genau deswegen erst Recht. Es sind nämlich genau solche Leutem die vorher mit ihren Hintern in der ersten Reihe in der Kirche gesessen haben, die von Teilen, Nächstenliebe usw gebetet haben und draußen wieder alles vergessen haben.

Aber durch solche Leute lassen wir uns nicht entmutigen oder geben auf, ganz im Gegenteil.“

Melli Gretzinger, Unna

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