„Tiere nur Kostenfaktor und ohne Stellenwert“: Kreis antwortet auf Tierschützerkritik – Lions loben Förderpreis aus

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Freigängerkater - Archivbild RB

Mit der nach ihrem Empfinden mangelnden Wertschätzung des ehrenamtlichen Tierschutzes im Kreis Unna hadern viele, die sich in ihrer Freizeit unentgeltlich um hilflose, kranke und ausgesetzte Tiere kümmern.

Vorige Woche veröffentlichten wir eine Leserinnenmeinung dazu, die auf unserer Facebookseite viel Zuspruch bekam.

Auch Tierschützerin Tanja Bolchowski kritisiert, dass der Einsatz ehrenamtlicher Tierschützer, der oft bis an die Grenzen ihrer Kraft geht, durch öffentliche Nichtachtung und bürokratische Hürden sukzessive untergraben werde und die Freiwilligen demotiviert würden.

So merkte die Tierschützerin etwa an, dass das Ehrenamt im Tierschutz, trotz anerkannter Gemeinnützigkeit der Tierschutzvereine, offenbar aus Sicht der Kreisverwaltung kein Ehrenamt sei, das Wertschätzung verdient habe. Denn: „Zum Tag des Ehrenamtes erfolgte bisher nie eine Einladung. Warum nicht?“

Tanja Bolchowsky meint die Ehrenamtsgala, die der Kreis jährlich ausrichtet. Diese richte sich jedoch ausschließlich an Ehrenamtliche, die im Brand- und Katastrophenschutz tätig sind (DLRG, DRK, Feuerwehr, THW, Malteser, etc.), erläuterte Kreissprecherin Leonie Joost auf Anfrage. „Das erklärt, warum dort keine Tierschutzvereine Erwähnung finden.“

Ehrenamtswürdigungen vor Ort in den Städten und Gemeinden obliegen in der Auswahl der Teilnehmer den jeweiligen Stadt- und Gemeindeverwaltungen. In Unna gibt es zum Beispiel die Ehrenamtsagentur, in der sich Freiwillige aus den unterschiedlichsten Bereichen vernetzen und austauschen können und die jedes Jahr eine Ehrenamtsbörse veranstaltet.

Auf der Seite der Agentur wird aktuell für den Förderpreis des Lions-Clubs Unna Via Regis geworben. Unsere Redaktion weist darauf hin, dass sich um diesen Preis auch Tierschutzorgansationen und im Tierschutz aktive Einzelpersonen bewerben können.

„Auch in diesem Jahr werden Projekte, die mit besonderem Engagement, Kreativität und Nachhaltigkeit in Unna aktiv sind ausgezeichnet. Im Mittelpunkt stehen dabei ehrenamtliche Initiativen und Tätigkeiten, die oft im Hintergrund wirken und deshalb leicht übersehen werden – deren Wert für unsere Gemeinschaft aber unschätzbar ist“, heißt es in der Ankündigung.

„Ab sofort können sich Vereine, Initiativen, Institutionen oder auch Einzelpersonen für den Förderpreis bewerben. Die Ausschreibung richtet sich an Projekte, die gesellschaftliches Miteinander stärken, kulturelle Impulse setzen oder soziale Verantwortung sichtbar machen. Geben Sie die Information gerne weiter, wenn Sie Menschen kennen, die sich dafür engagieren.“

Alle Informationen zu den Teilnahmebedingungen und zum Bewerbungsverfahren
sind unter www.viaregis.de/foerderpreis zu finden.


Generell beklagen viele Tierschützerinnen und Tierschützer unter unseren Lesern eine zunehmende Erschwerung ihrer Arbeit und Gleichgültigigkeit in der Gesellschaft gegenüber Tieren. So stellt Tanja Bolchowsky fest:

„Tiere haben hier keinen Stellenwert und werden ausschließlich als Kostenfaktor gesehen, den es zu vermeiden gilt. Aber nur weil man nicht hinschauen möchte, verschwindet das Problem nicht, im Gegenteil.

In den letzten Jahren haben politische Entscheidungen wie die GOT-Erhöhung,der Luxus-Steuersatz von 19% auf jeden einzelnen Behandlungsposten beim Tierarzt dazu geführt, dass Teile der Bevölkerung nicht mehr in der Lage oder gewillt sind, sich um ihre Haustiere zu kümmern.

Die Kommunen werden damit auf kommunaler Ebene alleine gelassen, genauso wie wir Tierschützer, da es politisch weiterhin keine Regularien gibt, das Vermehren, die Zucht , Verkauf und Handel von Haustieren zu reglementieren.

Im Gegenteil, gewerbliche Vermehrer werden von Hundesteuern befreit, weil sie Gewerbesteuern an das Finanzamt generieren. Vermehrern von Katzen passiert auch nichts, da kann jeder machen, was er will.

Ohne das Ehrenamt im Tierschutz werden wir hier bald Zustände wie im Ausland haben, wo die Tiere auf offener Straße krepieren und keinen interessiert es. Zum Teil ist es bereits so, und man muss sich über die Verrohung der Gesellschaft nicht wundern, wenn die Schwächsten keine Wertschätzung erfahren.“

Zu den rein praktischen Problemen kritisiert die Tierschützerin:

„Das Ordnungsamt unserer Kommune ist nicht mit Chiplesegeräten ausgestattet, obwohl die Katzenschutzverordnung bei uns seit 2018 gültig ist. Da fragt man sich, wofür diese Verordnung erlassen wird, wenn die Kontrollbehörde nicht in der Lage ist, sie zu kontrollieren und Privatpersonen und Tierschutzvereine Fundtiere nicht im Tierheim abgegeben dürfen?

Ich bin tatsächlich Anfang des Jahres von der Polizei gebeten worden, eine Fundkatze in der Polizeibehörde auszulesen. Auf meine Frage warum das Ordnungsamt nicht seinen Job erledigt habe ich erfahren das dies keine Chiplesegeräte hat. Das Tier war nicht gechipt und ich wurde von dem Beamten gefragt, ob ich es ins Tierheim bringen könnte, was ich nicht darf.

Da wäre wohl dringend interne Schulung nötig, abgesehen davon, dass ich nicht dafür bezahlt werde, den Job vom Ordnungsamt zu machen und keine auch Beamtenprivilegien genieße.“

Die Sprecherin der Kreisverwaltung Unna, Leonie Joost, teilte uns dazu schriftlich Folgendes mit.

„Die Leserin vermischt in ihrer Frage zwei Dinge, die eigentlich getrennt voneinander betrachtet werden müssen.

Zum einen geht es um den Umgang mit Fundtieren und Zuständigkeiten:

Das Kreistierheim Unna wird auf Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zwischen dem Kreis Unna und den kreisangehörigen Städten und Gemeinden betrieben – mit Ausnahme der Stadt Schwerte, die über ein eigenes Tierheim verfügt.

Die Unterbringung von Fundtieren erfolgt im Auftrag der jeweils zuständigen Kommune und auf deren Kosten. Diese Regelung beruht auf den Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 965 ff. BGB), wonach die Gemeinden als Fundbehörden verpflichtet sind, aufgefundene Tiere anzunehmen, sicher unterzubringen und zu versorgen.

Damit der rechtlich und finanziell korrekte Ablauf gewährleistet ist, muss ein Tierfund zunächst bei der zuständigen Behörde angezeigt werden – also beim Ordnungsamt der Stadt oder Gemeinde, in deren Gebiet das Tier gefunden wurde. Erst danach kann die Behörde entscheiden, ob und auf welchem Weg die Unterbringung im Kreistierheim erfolgt. Das dient der eindeutigen Zuständigkeit und Nachvollziehbarkeit.

Die Kontrollbehörde ist wiederum der Kreis Unna, nicht das Ordnungsamt der jeweiligen Stadt oder Gemeinde. Deshalb verfügen diese auch nicht über Chiplesegeräte. Die Chips werden im Kreistierheim ausgelesen.

Zur Einordnung:

Ein gefundenes Tier gilt nach dem BGB als Fundtier. Finderinnen und Finder sind verpflichtet, den Fund unverzüglich der zuständigen Behörde zu melden. Diese entscheidet über und veranlasst die Unterbringung – in der Regel im Kreistierheim Unna.

Dann geht es um die Katzenschutzverordnung:

Seit dem 1. Januar 2018 gilt im gesamten Kreis Unna die Katzenschutzverordnung. Halter sogenannter Freigängerkatzen müssen ihre Tiere durch einen Mikrochip kennzeichnen, registrieren und kastrieren lassen.

Halter, die gegen die Kennzeichnungs-, Registrierungs- und Kastrationspflicht ihrer Freigänger verstoßen, handeln ordnungswidrig. Diese Verstöße können mit Geldbußen bis zu je 1000 Euro geahndet werden.

Bekommt der Kreis Unna einen konkreten Hinweis bzw. wird ein Verstoß gemeldet, werden die Katzenhalter zunächst dazu aufgefordert, ihren Pflichten nachzukommen und einen Nachweis vorzulegen. Wer dem nicht nachkommt, wird dann mit einem Bußgeld belegt.

Weitere Informationen zur Katzenschutzverordnung finden Sie auch auf unserer Homepage unter Tierschutz / Kreis Unna.“

Zur Zahl der verhängten Bußgelder seit 2018 gab es vom Kreis keine Auskunft.

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