„Terror des Geschwätzes“ – Langjähriger Fröndenberger CDU-Fraktionschef Greczka verlässt die CDU nach 35 Jahren

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Gerd Greczka. (Foto Stadtwerke Fröndenberg Wickede)

Eine Woche nach dem überbordenden Sieg des CDU-Bürgermeisterkandidaten Dirk Weise in Fröndenberg lässt der langjährige CDU-Fraktionsvorsitzende Gerd Greczka einen Paukenschlag folgen.

Er verlässt die Fröndenberger CDU und tritt zugleich aus der Partei aus – nach 35 Jahren.

Auf Bitte unserer Redaktion sandte uns Gerd Greczka am Mittag die Erklärung, die er am Wochenende der CDU Fröndenberg geschickt hatte. Wir geben sie hier wörtlich wieder.

Alles hat seine Zeit – Gerd Greczka verlässt die CDU Fröndenberg

1. Anlass und EntscheidungAm 31. Januar 2025 habe ich der CDU Fröndenberg in einer E-Mail mit dem Bibelzitat „Alles hat seine Zeit“(Prediger 3,1) meinen Entschluss mitgeteilt:

Ich werde nicht erneut für ein CDU-Ratsmandat kandidieren.  Hintergrund war ein für mich inhaltlich – vor allem aber persönlich – überraschendes Personal-Gespräch mit zwei CDU-Vorstandsmitgliedern einige Tage zuvor. Emotionalisiert schrieb ich damals – noch zurückhaltend – von einem „Abschied mit einem lachenden und einem weinenden Auge“. Neun Monate später ist aus diesem Schritt eine weiterreichende, grundsätzliche Entscheidung geworden:

Zuerst hat mich meine Partei verlassen! – Heute verlasse ich die CDU Fröndenberg.

Nach 35 Jahren Mitgliedschaft ziehe ich damit einen Schlussstrich.

2. Rückblick auf 35 Jahre

Meine Mitgliedschaft in der CDU war keineswegs vorgezeichnet. Politisch durch das Elternhaus eher sozialdemokratisch geprägt, bin ich als junger Mensch und Student „bürgerlich-links“ sozialisiert worden.

Erst ein Gespräch mit Heinz-Dieter Budde, dem damaligen Vorsitzenden des Jugendhilfeausschusses in Iserlohn, führte mich in die CDU. Vor dem Hintergrund meines christlichen Weltbildes, habe ich mir diese neue politische Heimat damals erarbeitet.

Nachdem mich der Sohn des Ehrenvorsitzenden Ede Betzinger jun. „aktiviert“ hatte, folgten Jahre intensiver Arbeit: vom sachkundigen Bürger über Ratsmandate bis zum stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden. 2

007 wurde ich nach einer gravierenden innerparteilichen Krise gebeten (Hintergrund war der notwendig gewordene sofortige Rückzug von Dirk Sodenkamp wegen aufgedecktem Anstellungsbetrug und  Urkundenfälschung im öffentlichen Dienst), umfassend Verantwortung zu übernehmen – vier Jahre als Parteivorsitzender, 18 Jahre als Fraktionsvorsitzender.

Ich gewann meinen Wahlkreis über zwei Jahrzehnte hinweg direkt – oft gegen starke Konkurrenz. 2009 wurde ich gebeten, für das Bürgermeisteramt zu kandidieren und erreichte damals bei insgesamt 4 Bewerbern – ohne Stichwahl – mit rd. 30 % das zweitstärkste Stimmenergebnis.

Mein Leitgedanke war stets das Kennedy-Zitat:

„Frag nicht, was dein Land für dich tun kann – frag, was du für dein Land tun kannst.“

Für mich war dieses „Land“ über zwei Jahrzehnte Fröndenberg.

3. Gründe für den Abschied

Trotz Jahrzehnte langem Engagement, trotz aller Erfolge und trotz aller persönlichen Belastungen für „meine“ Partei, erlebe ich derzeit über Monate eine Entwicklung, die mich emotional bestürzt und tief enttäuscht:

  • Fehlende Wertschätzung für langjährige engagierte Arbeit
  • Mangelndes Interesse an einem würdigen Über- bzw. Abgang
  • Schweigen statt Dialog, Gleichgültigkeit statt Zusammenarbeit
  • Fehlender politischer Weitblick bei entscheidenden Personalfragen

Diese Haltung der Verantwortlichen in der CDU Fröndenberg hat mich persönlich sehr verletzt. Sie widerspricht meinem Bild einer „politischen Familie“, in der man sich gegenseitig unterstützt, Raum für Entwicklung gibt und auf Augenhöhe spricht.

Unverständnis über das Verhalten der Verantwortlichen in der CDU Fröndenberg, fasst die vielen Meinungen aus nah und fern, die mich in den vergangenen Wochen immer wieder erreicht haben, wohl am besten zusammen: „So geht man nicht miteinander um!“

4. Werte und Selbstverständnis

Das „C“ im Parteinamen stand für mich immer für eine ethische Grundhaltung – einen Kompass im persönlichen und politischen Handeln. Ich frage mich, ob dieser Anspruch heute noch verbindlich ist?

Von der Tribüne sieht das politische Geschehen oft anders aus als auf dem Spielfeld.

Wer bereit ist, umfassend Verantwortung zu übernehmen, weiß um die (full time-) Belastung und die Einsamkeit mancher Entscheidungen. Und – du kannst es nie allen recht machen! Deshalb erwarte(te) ich, dass – gerade intern – fair, offen und wertschätzend miteinander umgegangen wird.  

Mein Resümee: Hier habe ich mich geirrt!  

Eine offene, eine empathische Gesprächs- und Umgangskultur fehlt!

Mir bleibt deshalb als Konsequenz nur der Rückzug. 

5. Schlussfolgerung

Ich verlasse die CDU Fröndenberg nicht im Affekt. Meine Entscheidung ist über Monate gereift. Dennoch bleibt ein bitterer Beigeschmack, wenn fortgesetzt Ausgrenzung erfolgt, hinter dem Rücken geredet wird, aber nicht offen gesprochen wird.

Eine Partei, in der der „Terror des Geschwätzes“ (Papst Franziskus) den offenen Austausch ersetzt, ist für mich keine politische Heimat mehr. „Geschwätz“, so Franziskus, „das ist die Krankheit von Feiglingen, die nicht den Mut haben, direkt zu sprechen, sondern nur hinter dem Rücken von Leuten.“

In dem Bewusstsein mit meiner Kritik nicht allen Menschen in der Fröndenberger CDU, in Partei und Fraktion, gerecht zu werden, wünsche ich der Partei, dass sie in Zukunft wieder zu den Grundsätzen zurückfindet, die sie für mich einst ausgemacht haben: Politische Freundschaft, Wertschätzung, Respekt, Dialog und (parteiübergreifend) gemeinsames Ringen um das Beste für unsere Stadt.

Für mich persönlich passt zum heutigen Abschied ein Zitat von Sir Anthony Hopkins:

Das Wertvollste, was du in deinem Leben besitzt, ist deine Zeit und Energie, denn beide sind begrenzt … Lass die Leute gehen, die nicht bereit sind, dich zu lieben. Das ist das Schwierigste, was du in deinem Leben machen musst, und es wird auch das Wichtigste sein“

Fröndenberg, 03. Oktober 2025
gez. Gerd Greczka

2 KOMMENTARE

  1. Dieses Fazit ist gerade in einer Zeit interessant, nachdem ein CDU Kandidat ohne jegliches eigenes politisches Profil und sonderlicher beruflicher Vita, alleine aufgrund seiner öffentlichen Darstellung in den sozialen Netzwerken CDU Bürgermeister von Fröndenberg geworden ist.

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