Stell dir vor, es gibt 910 Euro für einen Stadtteilweihnachtsmarkt, konkret für Kinder, und niemand will sie haben.
Vor diesem bizarren Problem steht Sylvia Thodte aus Bergkamen. Sie „sitzt“ auf gespendeten 910 Euro und wird sie nicht zweckbestimmt los.
„Spendenaktion für den Overberger Weihnachtsmarkt: 910 Euro gesammelt – aber die Stadtverwaltung blockiert“, titelt die Bergkamenerin verärgert ihr Anliegen, zu dem unsere Redaktion natürlich auch die Stadtverwaltung befragte (die Antworten des Bürgermeisters lesen Sie unten).
Zunächst fasst Sylvia Thodte hier in Kürze einen langen und fruchtlosen Mailverkehr zusammen. Das Problem bei dieser Spende, vermutet sie: Sie kommt von den „falschen“ Spendern.
Diese besagten 910 Euro hatten nämlich, so Thodte, „Freunde der Alternative für Deutschland (AfD)“ gesammelt. Spontan und zielgerichtet für den Weihnachtsmarkt in Bergkamen-Overberge, denn „unser Ziel war es, die Finanzierung der traditionellen Weihnachtstüten für Kinder sicherzustellen“, erklärt Sylvia Thodte.
„Hintergrund dieser Aktion war eine Äußerung des Ortsvorstehers von Overberge, Herrn Bartkowiak (SPD). Er befürchtete öffentlich, dass der Weihnachtsmarkt in Overberge im Falle eines Wahlsieges der AfD bei der Kommunalwahl im September nicht mehr stattfinden könnte, insbesondere aus finanziellen Gründen“, schildert die Bergkamenerin.
Wieso im Falle einer AfD-Mehrheit im Bergkamener Rat (die AfD hatte bei der Bundestagswahl in Bergkamen kreisweit Höchstergebnisse erzielt) kein Weihnachtsmarkt in Overberge mehr möglich sein sollte – das konnte konnte Sylvia Thodte logisch nicht nachvollziehen. Sie startete daher kurzfristig einen Spendenaufruf.
„Innerhalb kürzester Zeit stellten Freunde der AfD den Betrag von 910 Euro zur Verfügung – mehr als doppelt soviel wie die für die Kindertüten benötigten 450 Euro.“
Was als einfache und unbürokratische Hilfe gedacht war, entwickelt sich nun, so kritisiert die Bergkamenerin, „zu einem Musterbeispiel dafür, wie Verwaltungshürden praktische Lösungen ausbremsen:
- Ortsvorsteher Bartkowiak (SPD) verweist auf den Bürgermeister,
- Bürgermeister Schäfer (SPD)verweist zurück an den Ortsvorsteher.
Das Ergebnis: Stillstand statt Zusammenarbeit.“
Der gesamte bisherige Schriftwechsel, der sich nun schon über Tage hinzieht, liegt der Rundblick-Redaktion vor.
„Dabei wäre es ein Leichtes gewesen, diese Spende zielgerichtet dem Weihnachtsmarkt zukommen zu lassen – zum Wohle der Kinder und der Gemeinschaft“, ärgert sich Sylvia Thodte.
Auf Nachfrage unserer Redaktion teilte Bürgermeister Bernd Schäfer (SPD) die Sicht der Stadt wie folgt mit:
„Herzlichen Dank für Ihre Anfrage.
Die Weihnachtsmärkte im Stadtgebiet Bergkamen sind keine städtischen Veranstaltungen. Sie werden in der Regel von Vereinen, örtlichen Initiativen oder anderen privaten Trägern organisiert.
Wie sich die Finanzierung der jeweiligen Märkte im Einzelnen darstellt, entzieht sich daher unserer Kenntnis.
Eine Spende an die Stadt Bergkamen ergibt vor diesem Hintergrund wenig Sinn, da diese nicht zweckgebunden an den Overberger Weihnachtsmarkt weitergegeben werden kann.
Die Stadt hat keine haushaltsrechtliche Grundlage, um private Gelder in dieser Form an Dritte weiterzuleiten, wenn kein städtischer Bezug zur Veranstaltung besteht.“
Die Stadt Bergkamen unterstütze alle Bergkamener Weihnachtsmärkte durch die Gestellung von Weihnachtsmartkthäuschen. Eine direkte finanzielle Förderung oder haushaltsmäßige Abwicklung von Spenden erfolge nicht.
Welche bürgernahe Lösung könnte der Bürgermeister den Spendern vorschlagen?
„Ich empfehle Frau Thodte, sich direkt an die Organisatorinnen oder Organisatoren des Weihnachtsmarkts zu wenden“, so Bürgermeister Schäfer.
„In Overberge ist das z.Zt. der Ortsvorsteher. Dieser wird jedoch nach der Kommunalwahl durch den Rat der Stadt Bergkamen neu gewählt.“
Der Ortsvorsteher hatte allerdings bereits Sylvia Thodte mitgeteilt, dass die Stadtverwaltung zuständig sei.
Auf unsere Frage, ob die Reserviertheit gegenüber dieser Spende damit zu tun habe, dass die Spender und die Initiatorin AfD-nah seien, mailte uns der Bürgermeister nur ein Wort: „Nein.“
Sylvia Thodte gibt sich mit der Erklärung des Bürgermeisters nicht zufrieden.
„Ich fordere Herrn Schäfer auf, konkret und öffentlich mitzuteilen, wie die 910 Euro an die Verantwortlichen des Weihnachtsmarkts in Overberge übergeben werden können – nicht länger nur, warum es angeblich nicht geht.“
In Zeiten wachsender gesellschaftlicher Herausforderungen sei Zusammenhalt und praktisches Handeln gefragt. Die Bürgerinnen und Bürger von Bergkamen und den umliegenden Ortschaften hätten längst bewiesen, dass sie lösungsorientiert denken. „Vielleicht braucht es eben diesen Druck „von unten“, wenn es „von oben“ nicht funktioniert“, vermutet Thodte.
„Die Spenderinnen und Spender der AfD stehen weiterhin bereit, den Betrag persönlich zu übergeben – auch gerne im Rahmen eines öffentlichen Fotos, das die Spendenübergabe dokumentiert. Wir möchten, dass dieses Engagement nicht an unnötiger Bürokratie scheitert.
Denn Probleme entstehen oft nicht, weil sie unlösbar sind – sondern weil man sie unnötig verkompliziert.“