„28-jähriger Deutscher schlug 32-jährigen Dortmunder nieder“ – Die komplizierte Sache mit der Herkunftsnennung bei der Polizei Dortmund

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Symbolbild, Quelle Pixabay.com

„Ein 28-jähriger Deutscher schlug einen 32-jährigen Dortmunder und raubte ihm die Geldbörse.“

So heißt es in einer Pressemitteilung, die die Polizei Dortmund am Donnerstag, 10. April, auf ihrem Blaulichtportal veröffentlichte.

Unsere Redaktion machte dieser Satz stutzig, ist doch die Pressestelle der Dortmunder Polizei dafür bekannt, Täternationalitäten praktisch nie zu nennen.

In der Vergangenheit wurden Herkünfte von Verdächtigen oder überführten Tätern von der Dortmunder Behörde selbst auf Pressenachfrage nicht mitgeteilt. Anders als etwa bei der Bundespolizei oder den Polizeipressestellen Hamm und Märkischer Kreis, die auf Nachfrage bereitwillig Auskunft geben, und ganz anders als bei den Kreispolizeibehörden Unna und Soest, die beide vor anderthalb Jahren eine generelle Nennung der Täternationalitäten in ihren Pressemitteilungen einführten; unter dem Hinweis auf größere Transparenz. So ist es seit jeher auch bei der Bundespolizei üblich.

Dass die Dortmunder Polizeisprecher irgendwelche Hinweise auf Herkünfte geben oder sie, wie in diesem Fall von heute, initiativ dazuschreiben, ist ungewöhnlich. Die oft von Usern im Netz zu lesende Behauptung, dass die Herkunft „nur genannt wird, wenn der Täter Deutscher ist“ wies Pressesprecherin Theresa Stritzke auf Nachfrage unserer Redaktion zurück.

Tatsächlich nennt die Dortmunder Behörde die Herkunft von Tätern, egal welche es ist, weiterhin so gut wie nie, nachprüfbar im Blaulichtportal.

In Theresa Stritzkes Bericht über zwei Raubüberfälle am gestrigen Abend am Dortmunder Westpark werden nun zwei mutmaßliche Räuber, 24 und 28 Jahre alt, und zwei Opfer erwähnt, 32 und 48 Jahre.

  • Von dem 24- und den 48-Jährigen erfährt der Leser nur das Alter,
  • von dem 32-Jährigen, dass er Dortmunder ist,
  • und von dem 28-Jährigen, dass er Deutscher ist.

Polizeisprecherin Stritzke erklärte uns diese etwas verwirrrend wirkende Praxis wie folgt:

An der grundsätzlichen restriktiven Linie, dass die Herkunft in der Regel ungenannt bleibt, hat sich im Dortmunder Präsidium nichts geändert.

Hat die Polizei von einem Beteiligten einen „erkennbaren Wohnort“ vorliegen, in diesem Fall bei dem 32-jährigen Raubopfer, ist der Betreffende in der Verschriftlichung „Dortmunder“ (oder Bochumer, Unnaer etc..).

Der 24-jährige Räuber bei der gestrigen Straftat hingegen ist, so die Polizeisprecherin, nicht in Dortmund gemeldet, es liege auch kein Hinweis auf einen anderen Wohnort vor. Deshalb habe sie sich in diesem Fall dazu entschieden, wenigstens die Nationalität zu nennen. Wobei diese in vielen vergleichbaren Fällen einfach auch „schwierig herauszukristallisieren“ sei.

Die Uneinheitlichkeit, mit der die einzelnen Polizeistellen in NRW mit Täterherkunftsnennungen verfahren, sorgt immer wieder für Irritationen bei Lesern und ist auch für die jeweiligen Polizeisprecher unbefriedigend. Im vergangenen Jahr wollte das NRW-Innenministerium eigentlich Einheitlichkeit herstellen.

So berichteten Medien im Sommer 2024 von Plänen des NRW-Innenministeriums, dass künftig die Nationalitäten von Tatverdächtigen immer genannt werden sollten, egal, ob es sich um Deutsche oder Ausländer handelt. Innenminister Herbert Reul (CDU) wollte dadurch mehr Transparenz schaffen.

Laut Kriminalstatistik waren Tatverdächtige ohne deutschen Pass schon im Jahr 2023 öfter in Erscheinung getreten als in den Jahren davor, das setzte sich 2024 fort.

Die initiative Nennung sollte auch die Polizei entlasten, da Pressevertreter (so auch der Rundblick) immer wieder bei der Polizei nachfragen würden, welche Nationalität Tatverdächtigen hätten.

Außerdem wollte die Polizei in NRW dem Vorwurf entgegentreten, etwas verschweigen zu wollen.

Für die neue Regelung sollte der Medienerlass geändert werden. Bis Herbst 2024 sollte das geschehen sein – bisher hat man nichts Neues mehr darüber gehört, und die Polizeistellen im Verbreitungsgebiet des Rundblicks Unna verfahren so wie vorher.

Pressekodex: Keine diskriminierende Verallgemeinerung

Bislang orientierte sich der Erlass zur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Polizei von 2011 größtenteils am Kodex des Deutschen Presserats. Im sogenannten Pressekodex (der als „freiwillige Selbstverpflichtung“ befolgt werden kann, aber nicht muss) heißt es, dass die Nationalität grundsätzlich in der Berichterstattung keine Rolle spielen darf – sondern nur, wenn sie „relevant ist, um Hintergründe einer Tat zu verstehen“.

Wann diese Relevanz allerdings gegeben ist, bleibt offen. Insofern eröffnet diese schwammige Formulierung jede Menge Interpretationsspielraum. Ist es bei einem Messerangriff durch einen Syrer zum Beispiel „relevant“, dass der Täter Syrer ist, weil Syrer häufig solche Straftaten begehen?

Die Nennung der Nationalität dürfe, so der Pressekodex, nicht „zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens führen“. Demnach seien „reine Neugier oder reine Vermutungen über den Zusammenhang zwischen Zugehörigkeit eines Täters und der Tat Gründe gegen die Nennung der Herkunft“. Aufgrund dieser Formulierungen, die jede Menge Interpretationsspielraum liefern, verzichten viele Medien gänzlich auf die Angabe der Nationalitäten. Andere (so auch der Rundblick, in Anlehnung an die Bundespolizei) nennen sie immer.

Jedoch hat sich laut NRW-Innenministerium mittlerweile „die mediale Befassung mit der Nennung der Nationalitäten deutlich verändert“. Eine „Neubefassung mit dem Erlass“ erscheine daher notwendig.

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