Heimische Wirtschaft drängt neue Regierung auf Tempo – „Standort nur noch bedingt wettbewerbsfähig“

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Sitzung der IHK-Vollversammlung: Foto Stephan Schütze

Die gesamtdeutsche und auch die heimische Wirtschaft erwartet von der neuen Bundesregierung drastische Einschnitte bei der Bürokratie, mehr Tempo und Effizienz bei Genehmigungen sowie spürbare Entlastungen bei Abgaben und Stromkosten.

Dies sagte DIHK-Präsident Peter Adrian am 25. Februar in Berlin bei der Vorstellung des IHK-Unternehmensbarometers zur Bundestagswahl. An der DIHK-Umfrage haben sich bundesweit etwa 4000 Betriebe aus allen Branchen und Regionen beteiligt. Die IHK zu Dortmund hat für diese Umfrage die Mitglieder ihrer Vollversammlung befragt.

Peter Adrian macht deutlich:

„Für die Unternehmen ist der Standort Deutschland derzeit nur noch bedingt wettbewerbsfähig”.

.Die größten Einbußen verzeichnet der Standortfaktor „wirtschaftspolitische Verlässlichkeit”: Hier hat sich für fast 90 Prozent (Ergebnis der regionalen Umfrage IHK zu Dortmund: 86 Prozent) der Unternehmen bundesweit die Lage in den vergangenen vier Jahren verschlechtert, für mehr als zwei Drittel (fast ein Drittel) sogar deutlich.

„Die neue Bundesregierung muss dort jetzt dringend ansetzen”, so Heinz-Herbert Dustmann, Präsident der IHK zu Dortmund. „In der Vergangenheit wurde viel Vertrauen zerstört.”

„Viele Unternehmer fühlen sich ihrem Standort sehr verbunden und wünschen sich wieder eine verlässliche Zukunftsperspektive mit den richtigen Weichenstellungen in der Wirtschaftspolitik“, sagt Peter Adrian. „Wir Unternehmer übernehmen gerade in dieser Krise sehr gerne Verantwortung.

IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann. @IHK zu Dortmund/Stephan Schütze

Unser Land mit seinen leistungsstarken Betrieben und motivierten Mitarbeitern hat sich schon öfter aus schwierigen Phasen herausgearbeitet. Dafür aber brauchen Unternehmerinnen und Unternehmer das notwendige Vertrauen sowie ihre unternehmerische Freiheit von der Politik zurück”, führt der DIHK-Präsident weiter aus.

Als Präsident der IHK zu Dortmund ergänzt Dustmann: „Die künftige Bundesregierung muss jetzt so schnell wie möglich die entscheidenden Prioritäten setzen.“

Konkret stehen ganz oben auf der Liste der Unternehmen Bürokratieabbau, schnellere Genehmigungsverfahren, digitalisierte Verwaltung, begrenzte Sozialabgaben, niedrigere Unternehmenssteuern sowie insbesondere für Industriebetriebe eine Entlastung bei den staatlichen Zuschlägen beim Strom.

„Für jede neue Verpflichtung müssen zwei vorhandene gestrichen werden, besser sogar drei“

95 Prozent der Betriebe halten laut Unternehmensbarometer den Abbau bürokratischer Hürden für eine der wichtigsten Aufgaben der kommenden Regierung.

„Angesichts der Vorschriftenflut der vergangenen Jahre reichen hier sogenannte Abbau-Programme oder Entlastungsgesetze allein nicht mehr aus“, sagt Adrian. „Die Politik muss der Bürokratie glaubwürdig den Kampf ansagen. Wir brauchen ein Gesetz für den Aufschwung, das Mut zum Loslegen macht und alle Stolpersteine konsequent aus dem Weg räumt: Belastungen, die bereits geplant oder gar schon beschlossen sind, müssen sofort gestoppt werden.

In vielen Bereichen kann auch ganz auf Vorschriften und kleinteilige Kontrollen verzichtet werden. Für jede neue Verpflichtung müssen mindestens zwei vorhandene gestrichen werden, besser sogar drei. Jede neue Regulierung muss sich daran messen lassen, ob sie den Wohlstand in unserem Land voranbringt.“

Regionale Wirtschaft fordert mehr Tempo bei Genehmigungen

Mehr Tempo bei Planungs- und Genehmigungsverfahren gehört laut Umfrage für 70 Prozent (82 Prozent) der Unternehmen auf die Prioritätenliste der künftigen Regierung. „Bund und Länder haben bereits im November 2023 einen Pakt für Beschleunigung beschlossen. Da stehen sehr viele sinnvolle Maßnahmen drin. Die müssen jetzt in Gesetze und die Praxis”, betont Dustmann. Bei den LNG-Terminals und beim Windkraftausbau habe Deutschland gezeigt, dass bei politischem Willen auch kürzere Genehmigungsverfahren möglich seien.

„Autobahnen, Brücken, Daten- und Stromleitungen sowie Erweiterungen von Unternehmen oder Ansiedlungen können wir dann statt in Jahrzehnten deutlich schneller fertig stellen.

Das sind wichtige Wachstumstreiber“, stellt DIHK-Präsident Adrian fest. Zu den wichtigsten Hebeln für mehr Wachstum gehören nach seinen Worten auch Entlastungen bei wichtigen Kosten: 63 Prozent (63 Prozent) wünschen sich eine Begrenzung der erheblich gestiegenen Sozialabgaben und 60 Prozent (53 Prozent) eine Unternehmenssteuerreform. Mittlerweile zahlten Betriebe in den meisten Industrie- und EU-Staaten spürbar niedrigere Steuern als in Deutschland.

Mehr als die Hälfte der Unternehmen verlangt bundesweit und in der IHK-Region außerdem eine Entlastung beim Strompreis, in der Industrie fordern das sogar fast zwei Drittel der Betriebe. Mit der Energiepolitik sind die Unternehmen der Umfrage zufolge besonders unzufrieden. Zwei Drittel sind sowohl auf nationaler Ebene als auch in der IHK-Region der Ansicht, dass die aktuelle Gestaltung der Energiewende zu Mehrkosten im Betrieb führt und die Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Unternehmens senkt.

Bundesregierung muss in Brüssel neue Handelsabkommen anstoßen

Der Wind auf dem Weltmarkt wird rauer. Der Protektionismus nimmt weiter zu. Die deutsche Wirtschaft spürt das besonders, denn keine andere große Volkswirtschaft ist so eng in den Welthandel eingebunden. Umso wichtiger ist es, dass die Bundesregierung sich in Brüssel stärker für neue Handelsabkommen einsetzt – das fordern 81 Prozent (83 Prozent) der Unternehmen. Die Unternehmen erwarten auch, dass die neue Bundesregierung gerade auch bei Wirtschaftsthemen wieder stärker in der EU-Politik mitredet und praxisfremde Regelungen bereits im Vorfeld verhindert.

Pressemitteilung: IHK zu Dortmund

1 KOMMENTAR

  1. Die Hoffnung des Präsidenten der IHK zu Dortmund
    „Die künftige Bundesregierung muss jetzt so schnell wie möglich die entscheidenden Prioritäten setzen“ teile ich.
    Allerdings halte ich das nicht für realistisch.

    Aktuell ist noch die alte gescheiterte Regierung im Amt. Herr Habeck ist weiterhin Wirtschaftsminister. Die SPD im Kanzleramt wird sich genüßlich Zeit bei den Koalitionsverhandlungen lassen.

    Beim letzten Mal unter Merkel hat es an die 6 Monate bis zur Koalition zwischen SPD und CDU gedauert. Bei Herrn Merz und der aktuellen Zerissenheit innerhalb der beiden Parteien vermute ich, daß es dieses Mal länger dauern wird.
    Die CDU hat aufgrund der selbsternannten „Brandmauer“ zudem eine schlechtere Position gegenüber der SPD und den GRÜNEN.

    Deutschland befindet sich auch laut der IHK in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation.
    Selbst wenn direkt ab Morgen eine neue Regierung Zugang zu den Schlüsselministerien erlangen und tatkräftig loslegen würde, sicherlich eine große Herausforderung.

    Die weiteren Verzögerungen, obwohl dringend Handlungsbedarf besteht, werden sich fatal auswirken.

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