Statt wie im Vorjahr versprochen 2000 Euro für kindergerechte Projekte zur Verfügung zu haben, bekam Unnas „Kinderrat“ – das Gremium der dritten Grundschulklassen – in diesem Jahr doch wieder nur die üblichen 1000 Euro. Und gibt das Geld erneut für etwas aus, das eigentlich zu den Pflichtaufgaben der Stadtverwaltung gehört: für die Reparatur eines kaputten Spielgeräts.
Einer unser Leser, Stephan Dieckerhoff, stellte in einer Mail erbost den zuständigen Beigeordneten Sandro Wiggerich (B90/Die Grünen) zur Rede und forderte eine Erklärung von ihm. Wiggerichs Antwort stellt uns Dieckerhoff hier zur Verfügung.
- Für unsere Redaktion sei hier angemerkt, dass die Stadtverwaltung in Person ihres 1. Beigeordneten uns hier offenbar fehlerhafte Berichterstattung unterstellt, jedoch bis zum heutigen Tag mit keiner Zeile eine Klarstellung aus ihrer Sicht für nötig befunden hat. Offenbar sieht Herr Wiggerich die Redaktion bei „Kommunikationspannen“ der Stadt in Hol-Schuld. Das weisen wir deutlich zurück und bleiben bei unserer Berichterstattung.
Der Beigeordnete schreibt dem Leser Dieckerhoff:
„Sehr geehrter Herr Dieckerhoff,
vielen Dank für Ihre E-Mail, die Herr Tietze mir mit der Bitte um Beantwortung zugeleitet hat, da das Projekt „Kinderrat“ durch das Amt für Jugend und Familie in meinem Geschäftsbereich umgesetzt wird.
Der Rat der Kreisstadt Unna hat mit einstimmigem Beschluss vom 20. Dezember 2021 im Rahmen des Kinder- und Jugendförderplans (Vorlage 0351/21) die Einrichtung des Kinderrates beschlossen, der grundsätzlich zweimal im Jahr tagt. Die Erweiterung des bestehenden Jugendrates um das Projekt „Kinderrat“ setzt sich zum Ziel, Kinder zur Partizipation in sie betreffenden Angelegenheiten zu befähigen. Die positiven Erfahrungen während der Zeit im Kinderrat und das Zurückspiegeln dieser Erfahrungen in die Klassen- bzw. Schulgemeinschaft sollen sich vorbildhaft auf die Entwicklung der Persönlichkeit aller Kinder auswirken.
Die Kinder üben sich innerhalb kleiner, von ihnen vorgeschlagener Projekte in sprachlichem Ausdruck, Aushandlungsprozessen und demokratischen Entscheidungen. Bei der Durchführung von beschlossenen Maßnahmen sollen sie, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, kleine Verantwortungsbereiche mit übernehmen.
Das jährlich für die Kinderratsmitglieder zur Verfügung stehende „Projektbudget“ beträgt 1.000 Euro. Durch eine solche Obergrenze sollen die Kinderratsmitglieder einen Orientierungspunkt für die Auswahl der Projekte bekommen und darüber auch das Wirtschaften mit begrenzten Ressourcen erlernen. Die Kosten für die vom Kinderrat beschlossenen Projekte, deren genaue Höhe sich in der Regel erst während der Durchführung zeigt, werden aus dem laufenden Budget des Kinder- und Jugendbüros gedeckt. Insgesamt hat der Kinder- und Jugendförderplan der Kreisstadt Unna ein jährliches Volumen von rd. 1,6 Mio. Euro (nur städtischer Anteil, ohne Landesmittel).
Zuletzt wurde im Jugendhilfeausschuss am 28. November 2023 ein Überblick über das Projekt „Kinderrat“ gegeben. Fraktionsübergreifend und auch durch die sachkundigen Ausschussmitglieder (z.B. Vertretung der Grundschulleitungen) wurde die Arbeit im Projekt Kinderrat gelobt und dabei auch betont, dass es wichtig sei, schon den Jüngeren kindgerecht zu erklären, wie Demokratie funktioniere. Eine Zusammenfassung der Beratung im Ausschuss und die ausführliche Beschreibung des Projekts in der Beratungsvorlage können Sie hier einsehen: https://sessionnet.krz.de/unna/bi/to0050.asp?__ktonr=77497
Tatsächlich ist es rund um die Kinderratssitzung im Jahr 2023 zu einer Kommunikationspanne gekommen: Die Kinderratsmitglieder hatten sich mehrheitlich für ein Projekt ausgesprochen, bei dem sich im Nachhinein herausgestellt hat, dass die Kosten deutlich über den Kinderratsmitteln von 1.000 Euro pro Jahr lagen, so dass die beteiligten Fachämter entschieden hatten, das Projekt aus Haushaltsmitteln des Tiefbauamtes umzusetzen. Dies war nicht allen Beteiligten kommuniziert worden.
Aufgrund dieser Entscheidung stehen in diesem Jahr 2.000 Euro für Projekte des Kinderrates zur Verfügung. Nach dem oben beschriebenen Anliegen der Demokratiebildung wäre eine bloße Erhöhung der Mittel für das ausgewählte Projekt aber nicht sachgerecht gewesen, zumal der Kinderrat in diesem Jahr andere Mitglieder hat als im Jahr 2023. Daher wurde entschieden, dass die weiteren 1.000 Euro in der zweiten Kinderratssitzung zur Verfügung gestellt werden sollen.
In der ersten Kinderratssitzung im März wurde nach reger Diskussion die Reparatur eines Häuschens zur Aufbewahrung von Spielsachen beschlossen. Bei dem Häuschen handelt es sich offenbar um eine private Anschaffung, die inzwischen „in die Jahre gekommen“ ist. Leider ist es gelegentlich zu beobachten, dass bei Zusatzausstattung für Schulen, die von dritter Seite (Eltern, Fördervereine, private Spender) angeschafft wird, die Frage der Instandhaltung nicht immer mitbedacht wird. Die Kreisstadt Unna versucht hier unterstützend tätig zu werden, ist aber grundsätzlich zu einer Gleichbehandlung der Schulen in städtischer Trägerschaft verpflichtet.
Offenbar wurde das Thema in einigen Medien verzerrt bzw. spekulativ dargestellt. Eine Anfrage hierzu bei der städtischen Pressestelle – die ansonsten gerne und häufig in Anspruch genommen wird – ist nicht bekannt. Ich hoffe daher, dass ich mit meiner Antwort für Aufklärung sorgen konnte. Bei weiteren Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Freundliche Grüße
In Vertretung
Sandro Wiggerich
Erster Beigeordneter“
Zitat: „Nach dem oben beschriebenen Anliegen der Demokratiebildung wäre eine bloße Erhöhung der Mittel für das ausgewählte Projekt aber nicht sachgerecht gewesen, zumal der Kinderrat in diesem Jahr andere Mitglieder hat als im Jahr 2023. Daher wurde entschieden, dass die weiteren 1.000 Euro in der zweiten Kinderratssitzung zur Verfügung gestellt werden sollen.“
Ah, in der zweiten Kinderratsitzung sind dann wieder die Mitglieder aus 2023 am Ruder? Oder was hat das damit zu tun?
Gut, die Kinder können jetzt die 1000 Doppelmark ruhen lassen und dann später mit 2000€ größere Projekte stemmen.
Was das Aufbewahrungshäuschen angeht, hier ein Tip von mir: Einfach den Bau einer Garage für E-Lastenfahrräder beantragen. Dann überschlägt sich die Stadt mit Abriß der alten Hütte und Neubau einer neuen. Und dann die Spielsachen rein und das Bild eines E-Fahrrades.
Da lernen die Kinder direkt, wie das in der Politik funktioniert, haben eine neue Hütte und das Geld für weitere Projekte ist noch da.
[…] diese eher bescheidene Summe und ihre Verwendungszwecke gab es in den vergangenen Jahren wiederholt kritische Diskussionen. Eine davon stieß unsere Redaktion an, als das Jahresbudget des Kinderrates dafür verwendet wurde, […]