Sozialdemokraten erleichtert über heutiges Flughafen-Urteil – Ganzke und Laaser: „Endlich wird die Salami-Taktik gestoppt“
Das NRW-Oberverwaltungsgericht hat die längeren Betriebszeiten des Dortmunder Flughafens für rechtswidrig erklärt. Der Landtagsabgeordnete Hartmut Ganzke und SPD-Stadtverbandschef Sebastian Laaser zeigen sich angesichts des Urteils erleichtert.
„Endlich sind die Ausbaupläne des Airports, die wir in Unna zurecht Salami-Taktik nennen, an dieser wichtigen Stelle gestoppt worden“,
so die beiden Sozialdemokraten in einer ersten Stellungnahme. Sie betonen allerdings auch: „Wir müssen weiterhin alle uns zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel nutzen:
Mit der angestrebten Verlängerung der Start- und Landebahn auf 2.000 Meter in Richtung Osten droht eine weitere zusätzliche Belastung für Unna.“
Die Richter in Münster gaben der Klage mehrerer Anwohner und der Stadt Unna statt. Zusätzliche Flugbewegungen zu den Nachtzeiten, die durch Ausnahmeregelungen der Bezirksregierung in Münster möglich geworden waren, darf es künftig nicht mehr geben.
„Hier zeigt sich, dass wir unsere Kräfte im Kampf gegen den Fluglärm weiterhin bündeln müssen. Gemeinsam ist man stärker“, so MdL Hartmut Ganzke. Sebastian Laaser verweist mit Zahlen, die aus der Zeit vor Corona stammen, auf die Klimarelevanz der Erweiterungspläne des Flughafens: „2018 haben die startenden Flieger rund 20.000 Tonnen CO2 und 40.000 Tonnen klimaschädliche Gase herausgeblasen. Wir wissen nicht erst seit Fridays for Future, dass das Gift für Mensch und Umwelt ist.“
Bürgermeister Wigant: Schutz der Bürger der Stadt Unna an erster Stelle
Mit Freude und auch Erleichterung hat Unnas Bürgermeister Dirk Wigant die heutigen Entscheidungen aufgenommen. In dieser Entscheidung hat das OVG die Genehmigung der Bezirksregierung Münster über die Zulassung von Flugverkehr in den abendlichen Nachtstunden am Flughafen Dortmund aus dem Jahr 2018 für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt.
„Für uns steht der Schutz der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Unna an erster Stelle. Deshalb freue ich mich auch, dass das Gericht in seiner Entscheidungsfindung dem Lärmschutz der Bürgerinnen und Bürger deutlichen Vorrang eingeräumt hat“, sagte Unnas Bürgermeister Dirk Wigant. Geklagt hatten fünf Privatpersonen und die Stadt Unna.
Schon 2015 hatte das OVG die ursprüngliche Fassung der Genehmigung vom 23. Mai 2014, mit der erstmalig planmäßige Landungen bis 23 Uhr und planmäßige Starts bis 22.30 Uhr zugelassen worden waren, wegen Abwägungsmängeln für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt.
Mit der Änderungsgenehmigung vom 1. August 2018 sollten diese Abwägungsfehler behoben werden. Danach waren planmäßige Landungen bis 23 Uhr, verspätete Landungen bis 23.30 Uhr und verspätete Starts bis 22.30 Uhr zugelassen. Auch bei dieser Genehmigung stellte das Gericht Abwägungsfehler fest.
In seiner Begründung führte das Gericht aus, dass die Lärmschutzbelange der Bevölkerung, die das Gewicht der für die Verlängerung der Betriebszeit sprechenden öffentlichen Verkehrsinteressen mindern, von der Bezirksregierung als zuständiger Genehmigungsbehörde unzureichend festgestellt und berücksichtigt worden sind. Die Bezirksregierung hat Fluglärmbelastungen mit einem nächtlichen Dauerschallpegel von weniger als 45 dB(A) nicht in ihre Abwägung einbezogen. Ebenso wenig sind durch die Bezirksregierung die Lärmbetroffenheiten durch maximale Einzelpegel ermittelt und berücksichtigt worden.
Allerdings hat das Gericht die Genehmigung der Bezirksregierung noch nicht aufgehoben. Die Flugzeuge dürfen vorerst weiterhin nach 22 Uhr am Dortmunder Flughafen starten und landen – das aber nur so lange, bis die Urteile des OVG rechtskräftig sind – einen Monat nach Zustellung des Urteils.
Zwar hat das OVG die Klage der Kreisstadt Unna als unbegründet abgewiesen, weil die Klagebegründungsfrist nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz nicht eingehalten worden sein soll. Diese Frage ist durchaus strittig, für den Rechtsstreit aber im Ergebnis ohne Belang, da das OVG die Genehmigung, jedenfalls aus anderen Gründen für rechtswidrig erachtet hat.
Doch, so Wigant:
„Für die Bürger der Kreisstadt Unna zählt allein, dass die Genehmigung der Bezirksregierung aus dem Jahr 2018 rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.“
IHK enttäuscht: Airport unverzichtbare Verkehrsinfrastruktur
IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann zeigt sich enttäuscht von der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts. Zudem kritisiert er erneut die langen Entscheidungswege. Dieses Verfahren passe in die Reihe der Negativbeispiele, dass unternehmerische Entscheidungen zehn Jahre und länger bräuchten, bis sie eine Rechtssicherheit erhielten.
„Grundsätzlich zeigt die Sperrung der A45 oder die aktuell ebenfalls gesperrte Brücke über den Dortmund-Ems-Kanal, wie entscheidend die Verkehrsinfrastruktur für unsere Wirtschaftsregion ist. Binnenschiffe müssen auch zu Lasten der Umwelt Umwege von über 100 Kilometern in Kauf nehmen. Zu dieser unverzichtbaren Verkehrsinfrastruktur gehört auch der Dortmund Airport“, so Dustmann.
„Zu kaum einem Thema wird es eine 100-prozentige Unterstützung der rund 56.000 IHK-Mitglieder in unserem Bezirk geben, aber alle Untersuchungen zeigen eine eindeutig mehrheitliche Tendenz, sodass auch unsere Abwägung entsprechend eindeutig ausfällt“, erläutert der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Wulf-Christian Ehrich die Position der IHK.
„77 Prozent der zuletzt (September 2019) befragten Unternehmen geben an, den Dortmund Airport für ihre Geschäftsreisen selbst zu nutzen. Internationale Geschäftsreisen werden in der aktuellen Pandemie hinterfragt, bleiben aber auch in Zukunft unverzichtbar für das Exportgeschäft.
Darüber hinaus profitieren auch Betriebe, die selbst nicht den Flughafen nutzen wie Hotels, Taxis, Restaurants, Einzelhandel und Freizeiteinrichtungen. Die Untersuchung des Dortmund Airport vor rund einem Jahr weist nach, dass jeder Geschäftsreisende, der über den Dortmund Airport eintrifft, im Durchschnitt 600 Euro in dieser Region ausgibt.“
Schutzgemeinschaft Fluglärm: Schallende Ohrfeige für Flughafen und Bezirksregierung
Als vollen Erfolg bewertet die Schutzgemeinschaft Fluglärm Dortmund – Kreis Unna e.V. (SGF) die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster zu den Klagen von fünf SGF-Mitgliedern gegen den Nachtflugverkehr des Dortmunder Flughafens.
Bereits Ende 2015 war der Flughafen mit seinem ersten Anlauf zur Durchführung von Nachtflugverkehr vor dem OVG gescheitert. Damals war kein objektiver Bedarf für Nachtflüge nachgewiesen worden, der vorrangig gegenüber dem Schutzbedürfnis der Anwohner nach ungestörter Nachtruhe abzuwägen war.
Diesmal musste sich die Bezirksregierung Münster als Genehmigungsbehörde und der Flughafen vorhalten lassen, dass die Lärmbelange der Flughafenanwohner nicht angemessen berücksichtigt worden sind. Der Flughafen hatte argumentiert, dass nächtliche Lärmbelastungen als Dauerschallpegel von weniger als 45 dB(A) mit Blick auf die allgemeine Vorbelastung als geringfügig hinzunehmen seien.
Dieser Auffassung hatte sich die Genehmigungsbehörde angeschlossen. Sowohl die Bezirksregierung Münster als auch der Flughafen hatten es unterlassen, diese Behauptung an Hand von Einzelfallumständen zu belegen, geschweige denn, sich mit den Lärmereignissen einzelner Überflüge auseinanderzusetzen, so das Oberverwaltungsgericht in seiner heutigen Entscheidung.
„Das ist eine schallende Ohrfeige für die Genehmigungsbehörde sowie den Flughafen Dortmund. Offensichtlich sind die Beteiligten nicht bereit zu akzeptieren, dass der mitten in einer gewachsenen Wohnbebauung liegende Flughafen besondere Rücksicht auf die Flughafenanwohner zu nehmen hat“, so der SGF-Vorsitzende Mario Krüger.
„Das Urteil hat auch gravierende Folgen für die geplante Verlegung der östlichen Landebahnschwelle und die damit einhergehende Absenkung der Überflughöhen.
Die pauschal angesetzten, nicht auf den individuellen Fall ausgelegten Lärmprognosen bzgl. der geplanten Absenkung der derzeitigen Überflughöhen um rund 115 m und dem damit in Verbindung stehenden Verzicht einer Umweltverträglichkeitsprüfung sind ab heute hinfällig.
D.h. aber auch, dass die Bezirksregierung noch einmal zu prüfen hat, ob ohne Einbeziehung der Flughafenanwohner*innen die Wünsche des Flughafens in einem vereinfachten Plangenehmigungs-Verfahren erfüllt werden können. Wir zweifeln daran und werden in diesem Zusammenhang darauf drängen, dass die Zulässigkeit dieser Ausbaumaßnahme nur in einem qualifizierten Planfeststellungsverfahren -d.h. mit einer Anwohnerbeteiligung- geprüft werden sollte.
Die Wichtigkeit von kritischer und wie hier langjährig sachorientierten Bürgerinitiativarbeit im Rahmen einer Solidargemeinschaft hat sich bewährt. Und diese kritische Begleitung des Dortmunder Flughafens wird sich die „älteste und größte“ Bürgerinitiative Dortmunds auch weiterhin als Aufgabe annehmen.“
Quellen SPD Unna – IHK zu Dortmund – SGF – Stadt Unna