Mal sind es Wohnungsnot und fehlende Kinderbetreuung, mal fehlen Schulabschluss und Berufsperspektive, häufig gibt es Sprachschwierigkeiten. Das Resultat: Armut.
Auch im Kreis Unna ist sie leider ein zunehmend drückendes Thema:
Allein rund 1600 Menschen leben in den 3 Wohnquartieren Unna-Gartenvorstadt, Kamen-Lüner Höhe und Lünen-Brambauer ohne ausreichendes Einkommen und ausgegrenzt vom gesellschaftlichen Leben.
Weil die Hilfen des Sozialstaates die Betroffenen nicht umfassend erreichen und aus der Not befreien, beschreitet seit Juli 2020 ein Modellprojekt im Kreis neue Wege.
Unter Federführung der Werkstatt im Kreis Unna arbeiten viele Partner zusammen:
- die AWO (Quartier Kamen „Lüner Höhe“),
- IN VIA (Unna „Gartenvorstadt“),
- die Umwelt-Werkstatt (für Lünen Brambauer),
- das Jobcenter Kreis Unna
- sowie die Städte Kamen, Lünen und Unna.
Ihre gemeinsame Devise: „Kooperative Bearbeitung regionaler Armut“ (KoBrA).
1,6 Mio. € fließen vom Bund und aus Mitteln der EU für diese Aufgabe. Bei einem Fachtag im Berufskolleg der Werkstatt zogen die KoBra-Partner Zwischenbilanz.
„Wir gehen aktiv und gleichermaßen behutsam auf die Armutsbetroffenen zu, und zwar dort wo sich ihr Leben abspielt“, erläutert Projektleiter Michael Wacker.
Warum das nötig ist, schilderten die KoBrA Familienberaterinnen an vielen Beispielen:
Da sind Menschen mit mangelnden deutschen Sprachkenntnissen, die von Formularen überfordert sind. Andere kennen mögliche Hilfsangebote schlichtweg gar nicht.
Da ist die alleinerziehende Mutter mit drei Kindern, die weder den Kitaplatz für die Jüngsten fand noch wusste, dass ihre schulpflichtigen Kinder einen Anspruch auf das Bildungs- und Teilhabepaket haben – und damit z. B. auf das kostenfreie Mittagessen.
Die Beraterin füllte mit ihr gemeinsam die Formulare aus. Anstatt die Mutter wieder auf die Behördengänge zu schicken, wurden die gescannten Dokumente an das Jobcenter und die städtischen Stellen gemailt.
Das setzt voraus, dass die Partner in den unterschiedlichen Ämtern und Behörden mitwirken wollen und können, das betonten beim Fachtag die Vertreter aller Beteiligten.
Alle sind allerdings an Vorschriften gebunden und sehr oft in „Rechtskreisen“ gefangen, bestimmte Zuständigkeiten blockieren wirksame Hilfe.
Wobei jetzt schon deutlich ist: Der Hilfebedarf ist in den Quartieren so unterschiedlich wie die Lage der Betroffenen.
Mal sind es Wohnungsnot und fehlende Kinderbetreuung, mal fehlender Schulabschluss oder mangelnde Berufsperspektive, häufig Sprachschwierigkeiten.
Die Corona-Pandemie hat den Zugang zu den Betroffenen zudem sehr erschwert:
Kitas und Schulen als Zugangsorte waren monatelang geschlossen, die „Vermummung“ per Maske macht den Aufbau einer Vertrauensbeziehung nicht einfach, sagte Holger Schelte, Projektleiter der Werkstatt.
So fuhren die Beraterinnen auch mal mit dem Caddy „vor die Haustüren“, plakatierten das Angebot in Mietshäusern, verteilten Flyer auf Spielplätzen und boten „Beratungsspaziergänge“ an.
Deutlich mehr Frauen, mehr Migrantinnen und Alleinerziehende als erwartet nutzten KoBrA bisher, der Anteil der betroffenen Kinder war mit rund 180 doppelt so hoch wie geplant.
Wie es weitergeht? Die Ergebnisse des Fachtages sollen für die Weiterarbeit ausgewertet und direkt umgesetzt werden. Ziel ist die Verstetigung des Netzwerkes.
Die Ansprechpersonen für KoBrA:
Kamen, AWO Ruhr-Lippe-Ems
Nadja Becker, Tel. 0152 23468109, E-Mail: nadja.becker@awo-rle.de
Lisa Tertilt, Tel. 0152 53404860, E-Mail: tertilt@awo-rle.de
Lünen, Umwelt-Werkstatt:
Johanna Mehrke: Tel.: 0171 3349401, E-Mail: j.mehrke@umwelt-werkstatt.com
Silke Kloss: Tel.: 0170 7993856 , E-Mail: s.kloss@umwelt-werkstatt.com
Bettina Tietz: Tel.: 0170 7993854, E-Mail: b.tietz@umwelt-werkstatt.com
Unna, IN VIA Unna e. V. Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit
Shari Lausch, Tel: 0 23 03 9 86 12 – 19, 0151 40354162, E-Mail: slausch@inviaunna.de
Tanja Lange, Tel: 0 23 03 9 86 12 – 19, 0151 40364081, E-Mail: tlange@inviaunna.de
Wibke Knoche, Tel: 0 23 03 9 86 12 – 10, E-Mail: wknoche@inviaunna.de