Drei Nüsse für Aschenbrödel und Szenenapplaus inklusive – Ausverkauftes Konzert bei Kerzenschein bezauberte in Ev. Stadtkirche

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Ein ausverkauftes "Konzert bei Kerzenschein" begeisterte am Abend des 3. Advent 2025 in der Ev. Stadtkirche Unna. (Foto RB)

Um in der imposanten Unnaer Stadtkirche tatsächlich keinen einzigen freien Platz mehr zu finden, muss heutzutage schon ein besonderer Anlass gegeben sein. Er war gegeben am Spätnachmittag des 3. Adventssonntags (14. Dezember), als das traditionelle „Weihnachtskonzert bei Kerzenschein“ die Ev. Kirchengemeinde zur schönen Abwechslung einmal wieder an ihre Kapazitätsgrenzen brachte.

Selbst kurzfristig noch dazugestellte Stühle konnten dem Besucherandrang in diesem Jahr nicht komplett Herr werden. „Das ist schon unglaublich“, freuten sich die Helfer der Gemeinde, die noch bis kurz vor Konzertbeginn Stühle rückten und Besucher mit vorreservierten Karten zu ihren Plätzen geleiteten.

Das in seiner Form einzigartige und wahrhaft zauberhafte vorweihnachtliche Konzert, bei dem die riesige Stadtkirche ausschließlich von weichem Kerzenschimmer illuminiert wird, litt diesmal nur unter einer kleinen Einschränkung, für die sich die Kirchengemeinde vorab bei den Besuchern im Kirchenschiff vorne rechts herzlich entschuldigte: Dort ließ sich das Deckenlicht nicht ausschalten. Ein technisches Problem, das sich vor dem Konzert leider nicht mehr lösten ließ.

Alles andere war ein wunderbares Erlebnis für Ohren wie für Augen.

Wie stets beim Traditionskonzert im Kerzenschein zogen die Sängerinnen und Sänger der Philipp-Nicolai-Kantorei zu Beginn von hinten durch die dunkle Kirche schreitend nach vorn zum Altar, ohne Instrumentalbegleitung stets die gleiche uralte lateinische Weise singend: „Veni, veni Emanuel“ aus dem 15. Jahrhundert.

Nach diesem Gänsehaut-Auftakt ließ Daria Burlak, die Ende 2024 die Nachfolge der langjährigen früheren Kantorin Hannelore Höft antrat, direkt einen absoluten Weihnachtsklassiker folgen, der bei einem Kirchenkonzert wohl selten zu hören: Die Titelmusik des Märchenfilms „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“, der an den Weihnachtstagen in den öffentlich-rechtlichen Programmen alle Jahre wieder hinauf- und hinuntergesendet wird.

Das insgesamt mehr als anderthalbstündige musikalische Programm, das von kurzen Textimpulsen durchsetzt war, gestalteten die Nicolai-Kantorei, das Ensemble tibicinium unter Leitung von Carsten Schattauer und der Posaunenchor Unna abwechselnd wie gemeinsam.

Die Auswahl der Stücke bestach durch den steten Wechsel zwischen vorweihnachtlicher Besinnlichkeit („Es ist ein Ros entsprungen“, „Gottes Sohn voller Gnaden“, „Still, still, still“, Stille Nacht, Heilige Nacht“) und purer mitreißender Weihnachtsfreude einschließlich keltischer Weisen. Bei „Hark! The herald angels sing“ von Mendelssohn-Bartholdy wäre mancher gerne aufgesprungen und hätte tanzend laut mitgesungen. Mitsingen war durchaus sehr willkommen – dazu angehalten waren die Besucher bei „Macht hoch die Tür“, „Tochter Zion“ und dem finalen „O du fröhliche“, Letzteres natürlich im Stehen und selbstverständlich von der ersten bis zur dritten Strophe.

Bezüglich des Gesangs ist der Anteil der jungen Kantorin selbst zu betonen, die zusammen mit ihrem Dirigat mehrere Gesangsolos übernahm und dabei gleichzeitig dirigierte, glockenklar sang und sich wiegend dazu im Tanz bewegte. Wer es bisher noch nicht wusste, bekam hier eine eindrucksvolle Kostprobe davon, dass die renommierte Organistin Daria Burlak auch eine wunderschöne Sopranstimme zu bieten hat.

Szenenapplaus bekam die Kantorin nach dem viertletzten Vortrag im Programm, dem einzigen der insgesamt 25 Beiträge, der aus den gewohnten Weihnachtsklängen ausscherte und schon zu Jugendzeiten des Komponisten gewöhnungsbedürftig war: Das Klavierstück „Le baiser de lÉnfant-Jesus“ von Oliver Messiaen (1908-1992).

„Diese Schar von Akkorden, unbeweglich, bis einem davon übel wird, um sich dann in plötzlichen Zuckungen aufzubäumen – ist das der Himmel? Nein, es ist das Fegefeuer!“ So schmetterte ein Pariser Musikkritiker Ende März 1945 gegen den Klavierzyklus „Vingt Regards sur l’enfant-Jésus, „Zwanzig Blicke auf das Jesuskind“, das in 20 Szenen die Kindheit Jesu beschreibt.

Der „Kammermusikführer“ schreibt zu diesem in der Tat eigenwilligen Weihnachtswerk:

„Noch heute wirken die Zwanzig Blicke auf das Jesuskind wenig weihnachtlich freundlich und fröhlich. Da unsere Ohren durch Stille Nacht und Jingle Bells an andere Dimensionen von anheimelnder Weihnachtsmusik gewöhnt sind, haben es Messiaens abstrakte, leuchtende, aber auch donnernde Betrachtungen doppelt schwer. … Messiaen, gleichsam der Marc Chagall der französischen Musik, ist in deutschen Klavierabenden nach wie vor selten vertreten.“ Hier in der Ev. Stadtkirche war er am 3. Adventsabend vertreten und brachte der Pianistin den erwähnten Szenenapplaus ein.

Lang anhaltenden Applaus gab es dann für alle Darbietenden nach dem abschließenden letzten geschmetterten „freue dich, o Christenheit“, nach dem sich Daria Burlak freundlich und unprätentiös bedankte und die Besucher bis obenhin voll mit wohligen Weihnachtsgefühlen in den Adventsabend entließ. So mancher ließ die Wohlgefühle im Anschluss auf dem Weinachtsmarkt noch ein bisschen weiterglühen.

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