Bönener Politik verfünffacht ihr Fraktionsgeld: „Realitätsdekadenz“ – Lüner Stadtrat lehnt Antrag auf 10 % weniger Fraktionsgeld ab

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Foto: ©A. Reichert

Nicht nur in Unna startete die neue Ratsperiode mit Diskussionen ums Geld.

Während in der Kreisstadt der Umstand für Kontroversen sorgt, dass erneut gleich drei Vizebürgermeister gewählt wurden, die den Steuerzahler binnen 5 Jahren über 150.000 Euro kosten (die Fraktion WfU hat bereits einen Änderungsantrag eingereicht), lehnte der Rat der größten Stadt im Kreis eine 10-prozentige Kürzung der Fraktionsgelder ab – das hätte in 5 Jahren über 180.000 Euro gespart.

Der Gemeinderat Bönen hingegen hat sich die Gelder gleich verfünffacht.

Einen, wie die örtliche Zeitung formulierte, „kräftigen Schluck aus der Pulle“ gönnten sich die Gemeinderatsvertreter mit der Steigerung auf 64.500 Euro. Den Antrag hatten SPD, CDU und Grüne gemeinsam gestellt.

Erhielten alle Fraktionen zusammen anteilig bislang 13 500 Euro pro Jahr für ihre Arbeit, wird diese Summe nun fast verfünffacht. Die Gemeinde muss jetzt 51 000 Euro pro Jahr mehr an Steuergeld zahlen.

Das Kommunalverfassungsgesetz NRW gewährt den Räten eigenes Ermessen über die Höhe der Zuwendungen. Die Fraktionen haben Anspruch auf eine „angemessene Mindestausstattung“.

Mit den bisher 13.500 Euro erhielten die Böner Politiker umgerechnet 61 Cent pro Einwohner. Viel zu wenig, fanden die antragstellenden Fraktionen und forderten 3,47 Euro pro Einwohner – das ist der Durchschnitt im Kreis.

  • Ganz oben steht übrigens Unna mit 5,39 Euro. Hier erhalten die Ratsfraktionen insgesamt 314  400 Euro pro Jahr für ihre Arbeit.
  • Schlusslicht ist Holzwickede, wo die Ratsfraktionen mit 9000 Euro im Jahr und 51 Cent pro Kopf auskommen müssen.

Tilman Rademacher, Fraktionsvorsitzender der CDU und bei der Bundestagswahl im Februar der hiesige Wahlkreiskandidat (er verpasste das Ticket nach Berlin), begründete den Antrag damit, dass die Fraktionen seit über 25 Jahren nicht mehr mit neuen Arbeitsmitteln ausgestattet worden seien. Man brauche Geld für „Schulungen, Fortbildungen, Büro und Anderes. ...Demokratie muss organisiert werden. Wir haben das in den vergangenen Wochen ehrenamtlich viele Stunden investiert.“

Den Grünen war es „durchaus bewusst, dass ein solcher Antrag ... erklärungsbedürftig ist“. Der Bürger dürfe von seinen Politikern professionelle Arbeit erwarten, und diese könne man nur mit professionellem Werkzeug erzielen. Die Zuwendungen seien zudem eine Maximalsumme: Es werde nur das von der Stadt bezahlt, was tatsächlich nachgewiesen werden könne.

Bürgermeister Nils Böckmann bemängelte, die Berechnung auf Basis der Einwohnerzahlen sei allenfalls ein Indikator, sie spiegele nicht die individuellen Gegebenheiten vor Ort wider. So richtig auf die Palme ging Christian Lein von der BgB, der mit dem Antrag scheiterte, die Entscheidung auf die kommende Ratssitzung zu verschieben statt sie jetzt schnell durchzuboxen. Doch genau das wollten die großen Drei.

Lein antwortete daraufhin mit einer Brandrede, aus der der WA wie folgt zitiert:

„Manchmal gibt es Anträge, da fragt man sich, in welcher Welt leben wir eigentlich.“ Die Verfünffachung sei eine

„… Realtitätsdekadenz. Eine Dekadenz, die völlig von der Lebenswirklichkeit der Menschen abweicht. Wir sind ehrenamtliche Kommunalpolitiker, wir machen das in unserer Freizeit, und so soll es bleiben.“

Lünen: AfD-Antrag auf 10-prozentige Kürzung von allen anderen Parteien abgelehnt

In Lünen war der Änderungsantrag „10 Prozent weniger Fraktionsgeld“ von der AfD-Fraktion gestellt worden. Sie wollte damit ein Einsparpotenzial von rund 37.000 Euro jährlich erzielen, das macht in fünf Jahren bis zur nächsten Wahl über 180.000 Euro.

In der Lüner Ratssitzung, die wie die in Unna am Donnerstag stattfand (20.11.), lehnten die anderen Fraktionen dies ab, da die Verwaltungsvorlage zur Neuregelung der Fraktionszuwendungen bereits Anpassungen enthielt.

Dennoch hatte die AfD argumentiert, dass es „angesichts der angespannten finanziellen Lage der Stadt und der hohen Steuer- und Abgabenbelastung für Bürger und Unternehmen ... dringend notwendig sei, auch im politischen Betrieb spürbare Einsparungen vorzunehmen.“

Von der Ablehnung zeigt sich Fraktionschefin Friederike Hagelstein enttäuscht: „Auch wenn die laufenden Kosten für die Fraktionen genau so wie für die Bevölkerung steigen, gibt es gute Gründe, dass bei jedweden Einsparpotentialen die Fraktionen mit guten Beispiel vorangehen.“

Quellen: WA Hamm / Pressemitteilung AfD-Fraktion Lünen

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