Lesermeinung: „Made in Germany – jetzt mit Fernwärme“

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Symbolbild Meinungsbeitrag - Eselsbrunnen auf dem Unnaer Markt / Archiv: S. Rinke RB

„Made in Germany – jetzt mit Fernwärme“, so titelt ein Rundblick-Leser aus Unna einen Meinungsbeitrag zur industriellen Abwanderung.

„Deutschland war einmal ein Land, das Dinge baute. Solide, schwer, unzerstörbar.

Heute baut es hauptsächlich Strategiepapiere über Dinge, die andere bauen.

„Made in Germany“ ist inzwischen selbst exportiert worden. Früher stand das auf Motoren. Heute auf PDF-Dateien. Die Fabriken sind fort – geblieben ist der Stolz, und ein sehr guter Internetauftritt.

Man nennt das Transformation. Ein schönes Wort, das nach Zukunft klingt, aber eigentlich bedeutet: Wir haben aufgehört, aber es klingt besser so.

In Berlin entstehen Ministerien für alles, was man nicht mehr hat: Wirtschaft, Arbeit, Fortschritt. In Bielefeld schließt das nächste Werk, während der Wirtschaftsminister eine Pressemitteilung über „Resilienz“ veröffentlicht.

Die deutsche Industrie hat das Land verlassen, aber sie schreibt noch Postkarten. „Alles gut hier“, steht drauf. „Billiger Strom, nette Leute, keine Formulare.“

Hierzulande gründet man derweil Start-ups. Früher nannte man das: Hoffnung. Jetzt heißen sie „GreenTech Solutions“ und entwickeln Apps, die aus leeren Hallen virtuelle Fabriken machen. Auf Messen erklärt man begeistert, dass das alles „skalierbar“ ist – was stimmt, weil es nichts kostet, wenn man nichts produziert.

Und doch klebt es weiter, das alte Gütesiegel. Made in Germany prangt nun auf Autos aus Ungarn, Software aus Bangalore und Solarpaneelen, die auf chinesischen Schiffen hierher kommen, um sich als „Energiewende“ zu verkleiden.

Qualität, so heißt es, kennt keine Grenzen. Und keine Produktionsstätten. Vielleicht ist das die neue deutsche Stärke: Man kann sich abschaffen, ohne unordentlich zu werden. Wir exportieren jetzt nicht mehr Produkte, sondern Prinzipien – Gründlichkeit, Zweifel, und das unbeirrbare Vertrauen in den Prozess.

Ende steht ein Land, das alles richtig macht – und nichts mehr herstellt. Aber immerhin läuft die Fernwärme. Noch.“

  • Markus Henn, Unna

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