Mehrwegpflicht für Unnas Gastronomen überprüfen: Abgelehnter Grünen-Antrag auf Verpackungssteuer kommt nun per Bürgerantrag wieder

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„Überprüfung einer Mehrwegalternative der Gastronomen in Unna“:

Diesen Bürgerantrag bekommt am Donnerstag, 18. April, der Haupt- und Finanzausschuss auf den Tisch.

Im vergangenen Sommer war ein ganz ähnlicher Antrag der Bündnisgrünen mit breiter Mehrheit abgelehnt worden. Sie hatten eine Verpackungssteuer gefordert.

Die Ersteller des aktuellen Bürgerantrags begründen ihren Vorstoß wie folgt (Screenshots der Anträge im Ratsinformationssystem):

Die Verwaltung verweist auf einen ähnlichen Antrag, der den Grünen im August vorigen Jahres die erste krachende Niederlage der Legislatur beschert hatte.

Damals berichteten wir:

„50 Cent obendrauf für jede Einwegverpackung, 20 Cent obendrauf für jedes Einwegbesteck. Bald auch in Unna? Nein.

Um Verpackungsmüll zu vermeiden, hatten Unnas Grüne eine neue Steuer für die Kreisstadt vorgeschlagen und dazu einen Antrag für den Stadtrat formuliert: Dieser sollte die Verwaltung beauftragen, die Einführung einer Verpackungssteuer zu prüfen.

Doch im Haupt- und Finanzausschuss am 17. August 2023 mussten die dank ihrer grünschwarzen Abstimmungsgemeinschaft erfolgsverwöhnten Grünen erstmals in dieser Ratsperiode eine krachende Niederlage einstecken.

Keine Partei außer ihr selbst möchte in Unna eine solche Steuer oder anderweitige Abgabe auf Verpackungen einführen, auch der sonst treu ergebene Grünenpartner CDU nicht, die sich bei diesem Thema plötzlich mit größter Entschiedenheit dem NEIN der SPD anschloss und ihrem Projektpartner einhellig die Gefolgschaft verweigerte.

Für die Sozialdemokraten verkündete Ratsherr Michael Tietze, man werde eine Verpackungssteuer „weder prüfen noch umsetzen“ lassen. Denn:

„Es ist doch klar, wo diese Steuer hingeht! Die wird direkt auf die Verbraucher umgelegt!“

Überdies sei so etwas „nur sinnig, wenn es auch kontrolliert wird“, hub Tietze an und fand damit neben den eifrig nickenden Christdemokraten auch bei allen anderen Fraktionen uneingeschränkte Zustimmung.

Vergeblich bemühte sich Grünen-Chefin Claudia Keuchel, von ihrem in der Luft zerrissenen Antrag wenigstens noch das Rumpfgerüst zu retten: Es müsse ja keine „Steuer“ sein, bot sie an, „wir können uns auch auf andere geeignete Maßnahmen einigen.“ Da sei ihre Fraktion gesprächsbereit.

Andere „geeignete Maßnahmen“ wären Freiwilligkeit, entgegnete ihr jedoch Bürgermeister Dirk Wigant ins allgemeine zustimmende Kopfnicken der anderen Fraktionen hinein, und absurd wurde der Schlagabtausch schließlich bei Keuchels Vorschlag, die Verwaltung möge dann eben solche „freiwilligen Maßnahmen prüfen“. Mahnend hub Keuchel an:

„Ich glaube, das sollte etwas sein, was uns alle interessiert!“

Doch das war es nicht.

Der moralische Zeigefinger richtete diesmal nichts aus, so dass es eine Unnaer Verpackungssteuer auf Wegwerfverpackungen auch künftig nicht geben wird.“


Auszug aus der Niederschrift
über die 25. Sitzung des
Haupt- und Finanzausschusses
Datum
17.08.2023

Ort
Rathaus, Ratssaal, Rathausplatz 1, 59423 Unna
Öffentlicher Teil
5.5. Einführung einer Verpackungssteuer
hier: Antrag der Bündnis 90/Die GRÜNEN-Fraktion
0858/23
BM Wigant erläutert, die Thematik der Verpackungssteuer sei sehr komplex. Bisher
habe keine Stadt in NRW eine entsprechende Besteuerung eingeführt. Auch der
Städte- und Gemeindebund rate bisher von der Erhebung einer Verpackungssteuer
ab. Die Verwaltung habe sich intensiv zu diesem Antrag ausgetauscht und halte die
Steuer u. a. für nicht kontrollierbar. Für die Durchsetzung der Regelungen des Verpackungsgesetzes liege die Zuständigkeit beim Kreis Unna.
Frau Keuchel teilt mit, die Einführung einer Verpackungssteuer habe aus ihrer Sicht
insbesondere eine Steuerungsfunktion. Die Situation vor Ort sei allen bekannt, der
tägliche Reinigungsaufwand bei den Stadtbetrieben Unna hoch. Sie bitte, den Antrag in einen Prüfauftrag umzudeuten, in dessen Rahmen mögliche Kriterien festgelegt und Gespräche geführt werden könnten. Zudem müssten Gastronomiebetriebe
und Bäckereien immer wieder angehalten werden, ihre zum Teil bereits vorhandenen Mehrwegsysteme auszuweiten.
Herr Tibbe rät zu bedenken, dass in der aktuellen Zeit die Wirtschaft in diesem Bereich angekurbelt werden müsse. Er habe Sorge, dass die Besteuerung eher einen
gegenläufigen Effekt habe. Zudem interessiere ihn, was die Umsetzung einer solchen Maßnahme koste. Er erfragt, wie viel zusätzliche Manpower etc. den städtischen Haushalt belaste.
BM Wigant führt aus, dass man in Tübingen bis heute nicht wisse, wie eine praktische Umsetzung erfolgen solle.
StK Strecker ergänzt, die Verwaltung habe den Antrag klar als Prüfauftrag verstanden. Eine entsprechende Satzung sei schnell gemacht. Eine spätere Durchsetzung
und Kontrolle jedoch äußerst schwierig. Der Städte- und Gemeindebund warne ausdrücklich vor einer Einführung der Verpackungssteuer. Aus zahlreichen Gesprächen
sei deutlich geworden, dass ein Bewusstsein bei den örtlichen Gastronomen vorhanden sei und dass der vorliegende Antrag, dies auch noch einmal verstärkt habe.
Herr Tietze teilt mit, die SPD-Fraktion werde weder dem Antrag noch einem etwaigen Prüfauftrag an die Verwaltung zustimmen. Eine solche Steuer lande am Ende
beim Verbraucher und führe zu einer deutlichen Ungleichbehandlung, da z. B. Discounter wie Lidl hiervon nicht betroffen seien obwohl auch diese „To Go“ – Artikel
anböten. Aus Sicht der SPD-Fraktion sollte eine Verpackungssteuer nicht eingeführt
werden. Wenn der Rat sich dennoch dafür entscheide, müsse auch eine Kontrolle
sichergestellt werden. Dies erzeuge Folgekosten.
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Frau Wieczorek stimmt den Aussagen der Herren Tibbe und Tietze zu. Nach ihrer
Kenntnis habe auch Tübingen bisher nur einen Beschluss. Eine Umsetzung sei nicht
erfolgt. Unna müsse kein Testfall werden in dem es schlechtesten Falls noch zu einer Verhedderung in juristischen Auseinandersetzungen komme. Möglicherweise
möge die GRÜNE-Fraktion ihren Antrag ja umformulieren, da er vermutlich anders
gemeint war.
Frau Keuchel betont, es ginge nicht originär um Steuereinnahmen, sondern um eine
Steuerungsfunktion und die Vermeidung von Müll. Der Antrag werde daher wie folgt
umformuliert:
„Die Verwaltung wird beauftragt zur Vermeidung von Verpackungsmüll geeignete
Maßnahmen auf der Basis von Freiwilligkeit zu finden.“
Frau Keuchel weist zudem darauf hin, dass auch heute Kosten durch die Beseitigung des Mülls entstehen, welche ebenso die Allgemeinheit belasten.
BM Wigant erklärt, dass genau auf diese Freiwilligkeit bereits heute gesetzt werde.
Er sichert zudem eine Anfrage beim Kreis Unna zur Kontrolle bzw. Umsetzung des
Verpackungsgesetzes zu.
Frau Limbacher bittet darum, zur Abstimmung zu kommen. Aus ihrer Sicht binden
beide Varianten, der ursprüngliche Antrag sowie die Umformulierung Kapazitäten
innerhalb der Verwaltung, welche für andere Prioritäten dringlicher benötigt würden.
Frau Keuchel verdeutlicht, dass die GRÜNE-Fraktion sich dafür einsetze, dass Verpackungsmüll nicht weiterhin die Landschaft verschandele. Wer bessere Ideen habe, dürfe diese gern nennen. Sie halte an dem Antrag in der geänderten Formulierung fest.

Mehrheitlich abgelehnt
Ja 5 Nein 15 Enthaltung 0 Befangen 0

5 KOMMENTARE

  1. Hatte mir schon ernsthaft Sorgen gemacht.

    Auch wenn es jetzt ein „„Bürgerantrag““ ist,
    bereits vier Wochen ohne Grünen Gängelei, Grünen Vorschriften und Grünen Bevormundung der Bürger und Mittelständler in Unna.

    Aber alles im Lot, da sind sie wieder und beschäftigen Verwaltung und Rat.

  2. Herr Gremling, Sie sprechen mir aus der Seele. Wurde auch Zeit, das wieder mal eine weitere Maßregelung seitens der Grünen erfolgt. Das Schlimme ist, sie sind von ihren Ideen überzeugt. Mal sehen, was als nächstes kommt.

  3. Schade, wenn das Engagement junger Menschen für die Hetze gegen eine Partei benutzt wird und nicht als das gesehen wird, was es ist: Die Sorge junger Mütter und Menschen um die Zukunft ihrer Kinder und der Kinder in den Ländern, in denen all unser Müll und Dreck schließlich landen. Traurig auch, weil ich weiß, mit wieviel Ideen und konkreten Vorschlägen diese jungen Leute an die Gastronomen, die Verbraucherzentrale und die Mitbürger herangegangen sind. Gelebte Demokratie eben…

    • Guten Tag, Frau Künzel, danke für Ihren Kommentar und zwei Anmerkungen dazu:

      Erstens wundern wir uns, wo Sie „Hetze“ erkennen wollen – bitte Spezifierung. Zweitens gibt es keine Informationen darüber, dass dieser Antrag auf das „Engagement junger Leute“ zurückzuführen sei. Dieses Wissen können Sie daher kaum bei der Redaktion oder auch bei Kommentierenden voraussetzen.
      Freundliche Grüße von der Redaktion.

    • Die triftigen Gründe die gegen eine Ablehnung der Verpackungssteuer sprechen können / konnten sie / Antragsteller aus der veröffentlichten Niederschrift der Sitzung vom 25.8 23 entnehmen.

      Das Thema erneut an die Verwaltung heranzutragen ist daher müßig und bindet unnötig benötigte Personalkapazitäten.

      Wenn junge Mütter (Väter nicht? sind Mütter keine Menschen?) in Sorge um ihre Kinder sind bezüglich Einwegverpackung obliegt es bei ihnen selbst entsprechend zu agieren, als Vorbild zu fungieren mit einer entsprechenden Erziehung.

      Möglichkeiten dazu gibt es reichlich, Ideen und Vorschläge zu der Problematik wären sicher zielführender.

      Die Realität „Vorbild und Erziehung“ dazu sieht leider anders aus, eine zusätzliche Gebühr auf Einweg ändert da aber nichts.

      Also einfach mal selbst die Problematik angehen und lösen und nicht nach staatlicher Gängelei schreien.

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